Der Kanzler plant für Mitte November ein weiteres Treffen mit der Industrie. Ein Termin, der Fragen aufwirft – und ein Vorgehen, das nicht minder erstaunt.
Mitte November will der Kanzler abermals mit Industrievertretern tagen. Ein Termin, der Fragen aufwirft. Und ein Vorgehen, das nicht minder erstaunlich ist. Denn abermals sind die zuständigen Minister Robert Habeck (Wirtschaft, Grüne) und Christian Lindner (Finanzen, FDP) nicht eingeladen. In ihrem Umfeld heißt es, die Fachressorts seien noch nicht eingebunden. Es gebe noch keine Verabredung über konkrete Maßnahmen, daher stünden auch keine Änderungen am Haushaltsplan oder -verfahren an.
Am 15. November, so kündigte der Sprecher von Olaf Scholz (SPD) noch am Dienstagabend an, soll die Runde zum „Pakt mit der Industrie“ das nächste Mal tagen – im Kern in der alten Besetzung, möglicherweise erweitert um den einen oder anderen Unternehmensvertreter. Es ist nicht überliefert, was Robert Habeck gedacht hat, als er diese Worte hörte. Aber man kann vermuten, dass der Wirtschaftsminister von den Grünen erstaunt war. Ausgerechnet an dem Tag, an dem sich im Politikkalender die Termine ballen wie selten sonst.
Weit oben auf der Agenda an jenem Freitag steht der Beginn des Parteitags der Grünen, auf dem sich Habeck zum Spitzen-, vielleicht auch zum Kanzlerkandidaten für den Bundestagswahlkampf küren lassen will. Der Parteitag findet in der hessischen Landeshauptstadt statt. Kurze Recherche auf der Internetseite der Bahn: Wenn Habeck pünktlich um 16.30 Uhr im Wiesbadener Kongresszentrum sein will, müsste er spätestens um halb elf in Berlin los. Mit Puffer für die obligatorische Verspätung früher.
Scholz setzt bis auf Weiteres auf Alleingang
Der Sprecher von Scholz machte am Mittwoch in der Regierungspressekonferenz schnell klar, dass Habeck nicht gefragt ist, nicht umplanen muss: Auch wenn es in den vergangenen Tagen, als die Kritik an dem Alleingang von Scholz immer größer wurde, noch geheißen hatte, die Runde könnte bei den nächsten Treffen erweitert werden, tagt der Kanzler nun bis auf Weiteres allein mit ausgewählten Verbänden von Industrie und Chemie, Vorständen großer Unternehmen und Gewerkschaften. Der Termin am 15. November soll nicht der letzte sein.
Inzwischen hat sich der Zirkel nach Angaben des Regierungssprechers eine Struktur gegeben. Arbeitsgruppen sollen konkrete Ergebnisse zwischen den Terminen vorbereiten. Zu einem späteren Zeitpunkt werde die Bundesregierung sehen, wie sie mit den Ergebnissen der Wirtschaftstreffen im Kanzleramt umgehe, erläuterte der Sprecher von Scholz.
Was zur nächsten interessanten Frage führt: Wie soll das, was irgendwann zur Stärkung der Wirtschaft beschlossen werden könnte, umgesetzt werden? Die Bereinigungssitzung des Haushaltsauschusses ist für den 14. November geplant. Diese geht erfahrungsgemäß bis in den früheren Morgen des nächsten Tages. Für neue kostenträchtige Maßnahmen müsste somit dieser Termin verschoben werden. Angesichts der rot-grün-gelben Dauerhakelei ist das nicht auszuschließen. Aber bisher wollte darüber noch keiner aus der Koalition reden.
Quelle: F.A.Z. Artikelrechte erwerben