Simpler und gleichzeitig verbindlicher: Die EU-Kommission soll einen radikalen Umbau ihres gewaltigen Haushaltes planen. Das Vorhaben würde viel Bürokratie vermeiden – und die EU gleichzeitig mächtiger machen.
Die EU-Kommission um Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) soll einen großflächigen Umbau des eigenen Budgets planen. Das berichtet die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) unter Berufung auf eine interne Präsentation, die der Zeitung vorliegen soll. Demnach soll es in Zukunft nur noch vier Budgetposten geben: Den regulären Haushaltsposten, den Fonds für Wettbewerbsfähigkeit, den Außenpolitikposten sowie den Posten für Verwaltungskosten.
Andere gigantische Budgetposten, etwa die Subventionen für Landwirte sowie die Förderung strukturschwacher Förderung, sollen hingegen entfallen. Sie werden zukünftig Teil des Haushaltspostens sein und in diesem Rahmen den Mitgliedsstaaten überwiesen. Allein die Subventionen für Landwirte und die Strukturförderungen hatten zuletzt ein Drittel des EU-Haushalts von etwa 140 Milliarden Euro im Jahr ausgemacht.
Geld gegen Reformen
Der Clou: Um die Gelder aus dem Haushalt zu bekommen, müssen die Mitgliedsstaaten nationale Pläne mit der EU-Kommission vereinbaren. Nur wenn sie die Pläne erfüllen, soll es auch Geld geben. Möglich sei etwa, dass die Mitgliedsstaaten die biologische Landwirtschaft fördern müssen, um weiterhin Agrarsubventionen zu erhalten. Als weiteres Beispiel sollen in der Präsentation auch die EU-Hilfen für neue Bahnlinien genannt sein: Diese könnte es nur noch geben, wenn die Mitgliedsstaaten ihre öffentlichen Auftragsvergaben vereinfachen.
Geld gegen Reformen: Für die Mitgliedsstaaten hat das neue System potenziell den Vorteil, dass sie freier darüber entscheiden können, wofür sie ihre Mittel verwenden. Und für die EU würde der neue Plan die Verhandlungen um einen neuen Haushalt wesentlich unbürokratischer gestalten: Statt insgesamt 530 verschiedener Pläne gäbe es nur noch 27 – einen nationalen Plan für jeden Mitgliedsstaat. Gelder könnten auch flexibler von einem Topf in den anderen verschoben werden.
EU-Kommission: Nur ein „Brainstorming“
Die Kehrseite: Die EU erhielte noch größere Macht als bisher über die Auszahlung der Mittel, weil sie erstmals an die konkrete Erfüllung von Plänen geknüpft wäre. Darüber, wie die Mitgliedsstaaten diese Mittel dann verwenden, hätte die EU-Kommission aber keinen Einfluss mehr. Den Corona-Fonds der EU, der genau nach diesem Prinzip funktioniert, hatte der Europäische Rechnungshof deswegen mehrmals kritisiert. Die Gefahr von Fehlern und ineffizienter Nutzung steige, wenn die EU schon im Vorfeld das Geld für Projekte zuschießt und nicht erst im Nachhinein erstattet.
Auch die spezifische Förderung strukturschwacher Regionen könnte unter dem neuen System leiden, wenn die EU ihre Zahlungen zukünftig direkt mit den Nationalstaaten aushandelt. „Wenn das stimmt, schwächt das die Kohäsionspolitik“, sagte Vasco Alves Cordeiro, der portugiesische Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen, der FAZ. „Sie stellt die Regionen nicht in den Mittelpunkt der Politik, sie stellt sie auf skandalöse Weise ins Abseits.“
Die EU-Kommission wollte sich am Sonntag nicht zu den Plänen äußern. Es handle sich bislang nur um ein „Brainstorming“, zitiert die FAZ aus Komissionskreisen, eine finale Entscheidung sei noch nicht gefallen. Ihren nächsten Haushalt muss die EU im Sommer 2025 vorlegen. Bereits Mitte Juli hatte von der Leyen jedoch kurz vor ihrer Wiederwahl im Europaparlament angekündigt, der künftige EU-Haushalt solle „stärker auf die Politik ausgerichtet, für die Mitgliedstaaten einfacher und wirkungsvoller sein, damit wir seine Macht nutzen können, um mehr private und öffentliche Mittel zu mobilisieren.“
flr