Im Januar 2022 wurden Ricarda Lang und Omid Nouripour als neue Parteivorsitzende der Grünen gewählt. Nun ist es schon wieder vorbei: Der Parteivorstand tritt geschlossen zurück. Die Nachfolgekandidaten werden schon gehandelt.
Die Grünenspitze zieht nach den Misserfolgen der Partei bei mehreren Wahlen personelle Konsequenzen. Die Bundesvorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour treten vom Parteivorsitz zurück, mit ihnen der gesamte Bundesvorstand. Bis zum Parteitag im November soll dieser aber kommissarisch im Amt bleiben. »Wir sind zum Ergebnis gekommen: Es braucht einen Neustart«, sagte Parteichef Omid Nouripour am Mittwoch in Berlin. SPIEGEL-Informationen zufolge sind als neue Parteivorsitzende Franziska Brantner mit Andreas Audretsch oder Felix Banaszak im Gespräch.
»Unsere Partei hat uns das Vertrauen ausgesprochen, sie als Vorsitzende zu führen – das ist Ehre, Privileg und Verpflichtung zur Verantwortung zugleich«, schrieb Lang auf der Plattform X, vormals Twitter. »Die Verantwortung, im besten Sinne der Partei zu handeln, übernehmen wir.« Deswegen lege sie zum Parteitag ihr Amt nieder.
Tiefe Krise der Partei
»Das Wahlergebnis am Sonntag in Brandenburg ist ein Zeugnis der tiefsten Krise unserer Partei seit einer Dekade«, betonte Nouripour.
Es brauche nun »neue Gesichter, um die Partei aus dieser Krise zu führen«, sagte Co-Parteichefin Ricarda Lang. Die Wahl eines neuen Vorstands solle ein »Baustein sein für die strategische Neuaufstellung dieser Partei«. Lang fügte hinzu: »Jetzt ist nicht die Zeit, um am Stuhl zu kleben – jetzt ist die Zeit, Verantwortung zu übernehmen, und wir übernehmen diese Verantwortung, indem wir einen Neustart ermöglichen.«
Dem bisherigen Grünenvorstand gehören neben Lang und Nouripour noch die stellvertretenden Parteivorsitzenden Pegah Edalatian und Heiko Knopf, Geschäftsführerin Emily Büning und Bundesschatzmeister Frederic Carpenter an. Nach Langs Angaben soll der Vorstand noch bis zur Neuwahl auf dem Parteitag im Amt bleiben.
Die Grünen hatten bei den Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen schwere Niederlagen erlitten . Im Brandenburger und Thüringer Landtag sind sie künftig nicht mehr vertreten, in Sachsen erreichten sie gerade einmal 5,1 Prozent der Stimmen.
Lang und Nouripour waren Ende Januar 2022 zu Co-Vorsitzenden gewählt worden. In der Partei sind sie relativ beliebt. Dass zwischen ihnen – anders als bei manchen Vorgängern – keine Rivalitäten und Meinungsverschiedenheiten zu spüren waren, rechnen ihnen viele Grünenmitglieder hoch an. Der aktuelle Bundesvorstand war im November 2023 eigentlich für zwei Jahre gewählt worden.
Schon am Montag hatte Nouripour relativ resigniert geklungen. Er sprach von einer bitteren Niederlage in Brandenburg und zeigte sich zugleich konsterniert über den Zustand der Ampelkoalition. »Der große Feng-Shui-Moment wird wohl nicht mehr kommen, und das glaubt mir auch niemand mehr, wenn ich das sage«, sagte er nach Beratungen des Parteivorstandes. »Wir machen unsere Arbeit, wir versuchen, das Land nach vorn zu bringen, und fühlen uns auch an den Koalitionsvertrag, an das, was miteinander vereinbart worden ist, gebunden«, sagte der Grünenchef. »Aber das ist es auch dann.«
muk/AFP