20.000 Elefanten hat die Regierung von Botswana der deutschen Umweltministerin Steffi Lemke zur Lieferung angeboten. Der Streit darüber dokumentiert die grüne Hybris: Ein erstaunlicher Fall von Neokolonialismus. Und außenpolitischem Versagen.
Nein, es geht nicht um 20.000 Elefanten, die Botswanas Regierung aus Wut über die grüne Umweltministerin Steffi Lemke nach Deutschland schicken will. Verglichen damit, um was es wirklich geht bei dem angeblichen Konflikt um die Trophäenjagd und die Einfuhr von Jagdtrophäen nach Deutschland, ist die angebotene Einfuhr von 20.000 Dickhäutern aus Afrika sogar eine Petitesse.
Worum es wirklich geht, ist kulturelle Dominanz. Rechthaberei auf dem internationalen Spielfeld. Vergangenheitsbewältigung. Und Glaubwürdigkeit. Um die geostrategische Relevanz der afrikanisch-deutschen Elefantendebatte deutlich zu machen, fange ich mit der Ukraine an.
Baerbock und die koloniale Vergangenheit
Seit Kriegsbeginn sagt die grüne Außenministerin Annalena Baerbock, über einen Frieden habe die Ukraine das letzte Wort. Das sagt auch der sozialdemokratische Bundeskanzler. Der Grund sei die nationale Souveränität der Ukraine, sagen beide.
Olaf Scholz und Baerbock versuchen seit zwei Jahren, afrikanische Länder in diesem Konflikt auf ihre Seite zu ziehen – mit geringem Erfolg. Die Afrikaner werfen den Europäern, auch den Deutschen, regelmäßig „double standards“ vor, Unglaubwürdigkeit also mit Blick auf deren koloniale Unterdrücker-Vergangenheit und die afrikanischen Interessen, die nur dann wichtig würden, wenn die Europäer die Afrikaner als Verbündete brauchten. Und hier beginnt die Relevanz der Elefanten-Geschichte.
Namibia und Botswana erlauben die Trophäenjagd. Sie begründen das mit ihren jeweiligen nationalen Interessen. Und, dazu später mehr: mit dem Arten- und Naturschutz. Beide Länder haben unter dem grausamen Kolonialismus europäischer Staaten gelitten – die Namibier erlitten die Deutschen, die Botswaner die Briten. Namibia ist heute so souverän wie Botswana – und die Ukraine.
Womit die entscheidende Frage aufgeworfen ist:
Weshalb will man den beiden afrikanischen Staaten verbieten, was man der Ukraine erlaubt, nämlich Souverän über ihr Land zu befinden? Eigene Gesetze zu erlassen, auch über die Art, wie sie ihr wertvollstes Gut schützen wollen – ihre Natur. Weshalb will man das eigene Denken in anderen Ländern einfach durchsetzen – und hört noch nicht einmal auf deren – gut begründeten – Argumente?
Afrikanische Regierungen werfen der Grünen jetzt „Kolonialismus“ vor
Kein Wunder, dass die beiden afrikanischen Regierungen der Grünen Lemke jetzt „Kolonialismus“ vorwerfen. Lemke will durchsetzen, was sie selbst und ihre grüne Partei unter Artenschutz verstehen – ein klarer Fall von deutschem Ideologie-Export in eine afrikanische Ex-Kolonie.
Wobei man sagen muss: Der Konflikt geht weit über Deutschland hinaus. Im vergangenen Sommer hat Belgien beschlossen, die Einfuhr von afrikanischen Jagdtrophäen zu verbieten. Belgien war eine überaus grausame Kolonialmacht, seine Schergen wüteten im Kongo und in Ruanda. Die Niederlande, gleichfalls afrikanische Kolonialmacht – in Südafrika – debattieren ebenfalls ein Trophäen-Einfuhrverbot, ebenso wie die afrikanische Kolonialmacht Italien, die einst Äthiopien, Eritrea, Somalia und Libyen kolonisierte.
Das strengste Einfuhrverbot haben die Briten erlassen, sie kolonisierten gleich sechs afrikanische Länder, darunter den heutigen Jagd-Hotspot Tansania.
Massiver Druck der Tierschutzlobby
Zurück zu Lemke, die aktuell auch nur macht, was sie vor der Wahl ihren Anhängern versprochen hat. Diese Anhänger, das sind mindestens einmal jene 14 Natur- und Tierschutz-NGO’s, wie der “Deutsche Naturschutzring” oder “Rettet den Regenwald” oder “Future for Elephants”, die vor der Bundestagswahl für das Trophäenverbot lobbyierten, das Lemke jetzt gegen die Staaten, die es betrifft, und an ihnen vorbei durchsetzen will.
Die NGO’s, die Ministerin – sie argumentieren mit dem Aussterben bedrohter Tierarten in Afrika. Das Problem dabei: Die Elefanten in Botswana sind ganz und gar nicht vom Aussterben bedroht. Im Gegenteil: Sie werden zur menschenbedrohenden Plage. In Botswana leben 130.000 Elefanten. Pro Jahr würden es fünf Prozent mehr, sagt Professor Richard Fynn vom Okavango Research Center. Also rund 6500 Elefanten. Die Jagdquote in Botswana erlaube den Abschuss von 250 Tieren, also weniger als fünf Prozent derjenigen, die nachkommen. Deshalb hat Botswana damit begonnen, seine Elefanten in Nachbarländer zu exportieren.
Das ist auch der Hintergrund für das „Angebot“ des botswanischen Präsidenten Mokgweetsi Masisi an die deutsche Umweltministerin Lemke, 20.000 Elefanten nach Deutschland zu liefern. Auf dass die Grüne studieren könne, wie man in freier Wildbahn mit diesen großen und für Menschen gefährlichen Tiere zusammenlebt. Es wäre ein Freilandversuch, der tödlich enden würde – für Menschen wie für Elefanten.
Jagd ist in Botswana Entwicklungshilfe
Foto-Tourismus und Jagd seien in Botswana streng reguliert, argumentiert Botswanas Botschafterin in Berlin, Mmasekgoa Masire-Mwamba. Die Einnahmen aus dem Jagdtourismus flössen in den “Conservation Trust Fund”, aus dem Projekte zur lokalen Entwicklung finanziert würden. Jagd ist in Botswana Entwicklungshilfe.
Was ist der eigentliche Grund für den Konflikt zwischen Botswana und Namibia auf der einen, der Grünenpolitikerin Lemke auf der anderen Seite? Der Sambier Rodgers Lubilo, Experte für die Entwicklung ländlicher Räume im südlichen Afrika, der in den Niederlanden studierte, begründet das so: Afrikanische Regierungen stellten „die Menschen in den Mittelpunkt aller Artenschutzmaßnahmen“. So argumentiert auch Professor Fynn vom “Okavango Research Institute”: Der Naturschutz westlicher Länder basiere eher auf Tierrechten als auf Menschenrechten.
Wilde Tiere töten Menschen auf dem Land, das ist die Erfahrung afrikanischer Staaten wie Botswana und Namibia. Deshalb müsse die Anzahl wilder Tiere begrenzt werden, was wiederum deren Populationen nachhaltig nutze. Was die Regierungen dort sagen, heißt: Menschen- und Tierschutz sind die zwei Seiten derselben Medaille. Und: Wir wissen schon, wie es geht, und: Weshalb wollt ihr das von Europa aus entscheiden? Wisst ihr es etwa besser?
Kaum verwunderlich, sagte Lemkes botswanischer Ressortkollege Demezdweni Mthimkhulu über die „neokolonialistischen“ Ambitionen der deutschen Umweltministerin und der sie tragenden Partei: „Die Grünen schauen auf uns mit Verachtung.“
Elefanten nach Deutschland?
Jedenfalls arbeitet die Ampelregierung unverdrossen an einem europaweiten Tiertrophäen-Importverbot. So steht es in der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linkspartei im Bundestag. Die Ampel beruft sich auf „artenschutzfachliche Maßgaben“ – also auf die Wissenschaft. Die betroffenen afrikanischen Regierungen bestreiten indes rundheraus, dass es entsprechende wissenschaftliche Erkenntnisse geben könne. Sie haben die Evidenz auf ihrer Seite: Die Elefanten werden mehr, nicht weniger.
Abschließend noch die Antwort auf die Frage nach einer deutschen Zukunft der 20.000 aus Botswana angebotenen Elefanten. Diese Antwort steht in Paragraph Eins, Absatz 2 des Deutschen Jagdgesetzes: Ziel der Hege und Pflege des Wildtierbestandes in Deutschland sei „die Erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepassten artenreichen und gesunden Wildbestandes“.
Nun: der Savannenelefant gehört sicher nicht zu einer den hiesigen landeskulturellen Verhältnissen angepassten Spezies. Weshalb dem afrikanischen Elefanten die massenhafte Einwanderung nach Deutschland zu verwehren ist, selbst die aus Asylgründen.