Ist der Krieg in der Ukraine schon bald vorbei? Die Anzeichen verdichten sich, dass der Westen den Krieg verloren gibt und versuchen wird, sich mit Wladimir Putin zu arrangieren. Sechs Indizien sprechen dafür.
Noch liegen die Soldaten entlang der über 1000 Kilometer langen Front in ihren jeweiligen Schützengräben. Noch wird auf beiden Seiten dieser Linie gezittert, gehofft und gestorben.
Doch es gibt gute Nachrichten für Putin: Die Anzeichen verdichten sich, dass der Westen den Krieg verloren gibt und in Kürze versuchen wird, mit Russlands Herrscher einen Deal zu schließen. Es sind sechs Indizien, die dafür sprechen, dass Putin der Aufsteiger des Jahres 2024 und der einst für seinen Widerstandsgeist gefeierte Selenskyj der Verlierer des Jahres wird:
1. Ukraine: Das erschöpfte Land
Das überfallene Land kann nicht mehr. 18 Prozent des ukrainischen Territoriums hat sich die russische Armee einverleibt. 3,7 Millionen Menschen mussten ihre angestammte Heimat innerhalb des Landes verlassen. 6,4 Millionen sind außer Landes geflohen; davon 950.000 nach Polen und mehr als eine Million in die Bundesrepublik.
Insgesamt hat der Krieg die westlichen Unterstützer bislang rund 252 Milliarden Euro gekostet – das fünffache des jährlichen Bundeswehr-Etats. Die ukrainische Regierung ist mittlerweile in ihrer Kriegsführung weitgehend abhängig von ausländischer Hilfe. Das bedeutet: Auch ohne militärische Niederlage hat das Land weite Teile seiner Souveränität verloren.
2. Russland: Westliche Isolationsstrategie gescheitert
Kriegsgegner Russland zeigt sich auch im dritten Jahr nach dem Überfall ökonomisch vital. Die westlichen Sanktionen hatten einen kurzfristigen Effekt, der durch die Neuverlegung der Lieferketten und die Etablierung einer Kriegswirtschaft ausgeglichen wurde. Die weltgrößte Rohstoffmacht kann man nur schwerlich in die Knie zwingen.
Russland hat in China, Indien und der Türkei politische und ökonomische Partner gefunden, die bereit sind, auch bei erhöhtem Wetteinsatz mitzugehen. Die nicht-westliche Welt, das ist in den vergangenen drei Jahren deutlich geworden, besitzt ein Interesse daran, dass wieder ein Macht-Duopol entsteht.
3. America first – Ukraine last
Innerhalb der USA hat ein Richtungswechsel stattgefunden, der den Demokratieexport in Frage stellt. Die feurigen Reden von Joe Biden ändern nichts daran, dass auch die Demokraten die Lust an der Finanzierung überseeischer Kriege verloren haben. In seiner State of the Union versicherte Biden erneut, dass er Risikominimierung betreibt:
„Es befinden sich keine amerikanischen Soldaten im Krieg in der Ukraine. Ich bin entschlossen, dass das auch so bleibt.“
4. Scholz: Bis hierher und nicht weiter
Der Kanzler hat seine Entscheidung getroffen. Das jüngste Taurus-Votum und Quellen, die in direktem Kontakt mit dem Bundeskanzler stehen, machen deutlich, dass Olaf Scholz den Ukraine-Krieg innerlich abgehakt hat. Er will das Risiko der Bundesrepublik auf keinen Fall weiter erhöhen. Er ist nicht bereit – weder finanziell noch politisch –, „all in“ zu gehen. Nichts liegt ihm ferner, als die Bundeswehr in Marsch zu setzen.
Die Meinungsumfragen bestärken Scholz darin, dem Druck der grünen Außenministerin und von Teilen der CDU-Führung zu widerstehen. Die SPD möchte Scholz sowohl bei den Landtagswahlen in Ostdeutschland als auch bei der Bundestagswahl 2025 als Friedenskanzler positionieren. Das „Wahlkampfpotenzial des Themas Frieden“ (FAZ) wird im Willy-Brandt-Haus als hoch eingeschätzt.
5. Das konservative Lager ist gespalten
Mit Ex-CDU-Chef Armin Laschet, heute Vizepräsident der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, ist ein überraschender Gegenspieler zu seinem Nachfolger Friedrich Merz aufgetaucht. Laschet hat zwar die Bundestagswahl verloren, nicht aber seinen Einfluss auf die Merkel-CDU. Er sagte am Wochenende in Richtung seines Parteichefs:
Rückendeckung bekommen die gemäßigten Konservativen vom Papst. Franziskus rät dem Regierungschef in Kiew zum geordneten Rückzug. Er sagte am Wochenende:
„Wenn man sieht, dass man besiegt ist, dass es nicht gut läuft, muss man den Mut haben, zu verhandeln. Ich denke, dass derjenige stärker ist, der die Situation erkennt und den Mut der weißen Fahne hat.“
6. Wirtschaft setzt auf das Geschäft mit dem Wiederaufbau
Die Wirtschaft würde gern die Beziehung zu Russland wieder normalisieren und erwartet das große Geschäft beim Wiederaufbau der Ukraine. Investoren, Unternehmenschefs und ganze Staaten bereiten sich bereits auf ein Projekt vor, das nach Schätzungen der Europäischen Investitionsbank eine Billion Dollar private und öffentliche Gelder kosten könnte.
Damit wäre der Wiederaufbau der Ukraine inflationsbereinigt fünfmal so umfangreich wie der von den Amerikanern nach dem Zweiten Weltkrieg über den Marshallplan finanzierte Wiederaufbau Deutschlands. In Davos hatte sich Selenskyj bereits mit Jamie Dimon, CEO von JPMorgan Chase, getroffen. Anschließend wurden „working groups“ gebildet, um die Finanzierung des Wiederaufbaus vorzubereiten. Bloomberg kommentierte gestern:
„Investors are eying the biggest contract bonanza since at least World War 2.“
Fazit: Putin kann mit dem Lauf der Geschichte, wie sie sich nach seinem Überfall auf die Ukraine entwickelt hat, zufrieden sein. Er gewann neue Bündnispartner, neue Rohstoffabnehmer und bekommt zusätzliches Territorium. In allen Kabinetten der G20-Staaten sitzt er gedanklich mit am Kabinettstisch. Sein wichtigster Verbündeter: ein unentschlossener Westen, dessen Rhetorik mit den Realitäten nie Schritt hielt.
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