Es ist ein Etappensieg für Elon Musk: Nach seiner Kehrtwende im Übernahmestreit mit Twitter hat die Richterin das Gerichtsverfahren offiziell ausgesetzt. Doch Unterlagen zeigen: Beide Seiten trauen sich keinen Meter über den Weg.
Elon Musk kommt im juristischen Streit mit Twitter vorerst um einen Prozess herum. Das Gerichtsverfahren zwischen dem Kurznachrichtendienst und dem Milliardär wurde von der zuständigen Richterin bis zum 28. Oktober ausgesetzt. Wenn der Tesla-Chef bis dahin die rund 44 Milliarden Dollar teure Übernahme von Twitter nicht abgeschlossen hat, müssen sich die Streitparteien aber auf einen Prozess im November einstellen.
Musk hatte die Aussetzung des Verfahrens beantragt und erklärt, die Banken arbeiteten gemeinschaftlich daran, die Finanzierung des Deals zu sichern. Zuvor hatte es aber ein monatelanges Hin und Her gegeben, bei dem sich Musk eigentlich von dem Geschäft zurückziehen wollte. Am Dienstag hatte er dann überraschend seine ursprüngliche Offerte für Twitter bestätigt.
Doch aus Unterlagen geht hervor, dass das Misstrauen auf der Seite von Twitter tief sitzt und der Onlinedienst keine Risiken mehr eingehen will.
Der Starunternehmer und Twitter streiten immer noch um wichtige Details, die geklärt werden müssen, um den Deal in trockene Tücher zu bringen. Als Musks Anwälte zuletzt beantragten, das Verfahren zu stoppen und den Prozess zu streichen, reichte Twitter umgehend einen Gegenantrag ein. Dieser enthielt deutliche Worte.
Musk hält sich nach Ansicht von Twitter bislang weiter eine Hintertür zum Ausstieg aus dem Deal offen, indem er die Übernahme von der Finanzierung abhängig macht. Das Unternehmen ist misstrauisch und will den Abschluss zunächst weiter absichern, bevor der Rechtsstreit ganz beigelegt wird. Musk ging unterdessen schon wieder auf Konfrontationskurs: »Twitter lässt ein Ja nicht als Antwort gelten«, heißt es im Gerichtsantrag. »Erstaunlicherweise bestehen sie darauf, das Verfahren fortzusetzen«. Damit gefährde Twitter den Deal und setze die Interessen der eigenen Aktionäre aufs Spiel.
Die Anwälte der Onlineplattform wiederum machten im Gegenantrag deutlich, Musk nach seinen monatelangen Manövern zur Absage des Kaufs nicht mehr zu trauen. Das Hindernis sei nicht, dass Twitter kein »Ja« als Antwort akzeptiere, sondern dass Musk sich noch immer weigere, zu seinen vertraglichen Kaufverpflichtungen zu stehen. Musk wolle einen Plan durchsetzen, der es ihm auf Basis bestimmter Vorbehalte erlaube, den Abschluss des Deals beliebig hinauszuzögern und sich Rechtssicherheit für den Fall eines Scheiterns zu verschaffen.
»Vertraut uns, wir meinen es diesmal wirklich ernst«, fassten die Twitter-Anwälte in dem Gegenantrag die Position der Musk-Seite zusammen. Dies sei aber »eine Einladung für weiteren Unfug und Verzögerungen«. Sie vertraten die Ansicht, dass Musk den Deal spätestens kommende Woche abschließen müsse.
Beobachter sahen Twitter vor Gericht im Vorteil
Der Starunternehmer hatte im Frühjahr ein Kaufangebot für Twitter vorgelegt und eine Übernahmevereinbarung mit dem Verwaltungsrat des Onlinedienstes abgeschlossen. Nur einige Wochen später zeichnete sich allerdings ab, dass Musk aus dem Deal aussteigen will – was er im Juli auch offiziell einleitete.
Als Begründung warf er Twitter vor, falsche Angaben zur Zahl von Fake- und automatisierter Bot-Accounts gemacht zu haben. Twitter zog vor Gericht, um Musk zur Einhaltung des Übernahmedeals zu zwingen – und Beobachter gingen weitestgehend davon aus, dass der Onlinedienst
für das Verfahren die besseren Argumente auf seiner Seite hatte.
Der Prozessbeginn war für 17. Oktober angesetzt. Nun geht das juristische Tauziehen in die Verlängerung.
mmq/Reuters/dpa