Partei-Sprecher: „Uns ist etwas unterirdisch Dummes passiert“
Gut gemeint, schlecht gemacht: Hessens SPD hat auf Facebook den Juden zu Jom Kippur (4.-5. Oktober) gratuliert – und dabei aber ein Foto des Felsendoms gezeigt!
Das Gebäude steht zwar in Jerusalem, ist aber eines der islamischen Hauptheiligtümer.
Damit nicht genug: Der Felsendom wurde nach Ansicht einiger Forscher errichtet, um den Triumph des Islam über Judentum und Christentum zu zeigen.
Am Mittwochmorgen stand der Post bereits 12 Stunden online. Dementsprechend viele empörte Kommentatoren äußerten sich bereits zu dem Beitrag!
Eine Auswahl: „Die SPD glaubt wohl auch mit Provokation etwas zu erreichen“, „Das Bild zu diesem Text zeigt wieder einmal nur, dass hier null Kompetenz am Werk ist“, „SPD Hessen, ihr habt voll den Knall“, „Einer der höchsten jüdischen Feiertage und ihr illustriert es mit der islamischen Ikonografie des Triumphs über das Judentum“, „War bestimmt nur gut gemeint. Aber leider vollkommen inkompetent. Vielleicht war das Kriterium bei der Bildauswahl ‚irgendwas mit Jerusalem’“.
„Uns ist etwas unterirdisch Dummes passiert“
Gegen 8.15 Uhr löschte die Partei den Beitrag. Christoph Gehring, Leiter der Pressestelle der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag, entschuldigte sich am Vormittag auf Twitter: „Aufrichtige Entschuldigung der SPD Hessen und der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag (…) Als Leiter der Pressestelle der SPD-Landtagsfraktion und als Pressesprecher der SPD Hessen entschuldige ich mich persönlich und im Namen der Institutionen, für die ich spreche, für diesen Fehler, der natürlich niemals hätte passieren dürfen.“
Gehring: „Wo genau in der Pressestelle, für die ich die Verantwortung trage, die Prüf- und Kontrollmechanismen nicht funktioniert haben, die Vorfälle wie diesen eigentlich verhindern sollen, ist für die öffentliche Diskussion belanglos (…) Gewiss ist nur: Uns ist etwas unterirdisch Dummes passiert, für das wir zu Recht hart kritisiert werden.“
Hintergrund: Jom Kippur („Tag der Sühne“, „Versöhnungstag“, „Versöhnungsfest“) ist der höchste jüdische Feiertag. Es ist ein strenger Ruhe- und Fastentag.
Für SPD-Verhältnisse ist dieser Fauxpas noch harmlos. Denn: Die SPD-Jugendorganisation unterhält eine enge Partnerschaft mit der palästinensischen Jugendorganisation der „Fatah“, deren Aktivisten regelmäßig die Auslöschung Israels fordern.
Als Kanzler Olaf Scholz (64, SPD) kürzlich Palästinenser-Chef Mahmud Abbas (87) empfing und dieser den Holocaust verharmloste, schwieg Scholz auf der Pressekonferenz – und verurteilte die unglaubliche Äußerung erst später.
Kritik vom Generalsekretär der Konferenz der Europäischen Rabbiner
Der Generalsekretär der Konferenz der Europäischen Rabbiner (CER), Gady Gronich (München), zu BILD: „Es ist schön, wenn die politischen Parteien in Deutschland an die hier lebenden Jüdinnen und Juden denken und unserer Gemeinde zum wichtigsten jüdischen Feiertag, dem Friedensfest, gratuliert. Aber gleichzeitig zeigt die Fotoauswahl auch, wie wenig man hierzulande über jüdisches Leben weiß und mit solchen offenbar aus Unwissenheit entstandenen Fehlern Gratulationsbekundungen dieser Art eher als Plattitüden aufgenommen werden, bei denen man sich fragen muss, wie ernst man es tatsächlich mit den in Deutschland lebenden Juden meint.“
„Blick auf das aktuelle jüdische Leben geht verloren“
Gronich weiter: „Vielleicht setzt sich die SPD Hessen besser für eine entsprechende Bildungsinitiative ein, jüdisches Leben in der Gesellschaft besser und lebhafter zu vermitteln? Hier herrscht dringender Handlungsbedarf, wie erst eine im Herbst 2021 von der Hanns-Seidel-Stiftung und Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland (ORD) durchgeführten Umfrage festgestellt hat: Zwischen Geschichte, Politik und Antisemitismus geht der Blick auf das aktuelle jüdische Leben verloren, beziehungsweise es gibt es ihn kaum.
Und: „Der Blick auf das Judentum bleibt oft ein Blick von außen oder ist gar antisemitisch geprägt, oftmals durch Unwissen. Fast jeder zweite Deutsche hat laut der durchgeführten Umfrage noch nie direkte Berührungspunkte mit jüdischem Leben gehabt.“
Michel Friedman: „Unerträglich und verletzend.“
Für den jüdischen Publizisten Michel Friedman (66) ist der Fehler der SPD ebenfalls unentschuldbar. Zu BILD sagt er:
„Es ist normal und erfreulich, dass nicht nur die SPD die jüdische Gemeinschaft zu ihrem höchsten Feiertag beglückwünscht. Es ist aber unerträglich und verletzend, wenn dabei ein Foto verwendet wird, dass eine andere Religion symbolisiert – statt der Klagemauer in Jerusalem.“
Und weiter: „Fahrlässigkeit ist keine Entschuldigung. Auch nicht die Geschwindigkeit des Netzes. Dieser Feiertag ist schon lange bekannt. Dieser Fehler ist unentschuldbar und lässt an der Ernsthaftigkeit der Gratulation zweifeln.“