Flugplan wird weiter reduziert ++ London-Gatwick und Amsterdam im Fokus ++ Auch Lufthansa bereitet sich auf weitere Streichungen vor
Frankfurt – Keine guten Nachrichten für unseren Sommerurlaub! Billigflieger Easyjet streicht Tausende weitere Flüge. Grund: akuter Personalmangel an Bord und an den Flughäfen!
Laut Easyjet wird die angebotene Kapazität im laufenden Quartal (bis Ende Juni) nur noch „87 Prozent des Vorkrisenniveaus von 2019“ erreichen, im Sommerquartal (Juli, August, September) noch 90 Prozent. Zum Vergleich: Bisher waren 90 Prozent in diesem und 97 Prozent (rund 160 000 Flüge) in der Hauptreisezeit geplant.
Es hakt überall in Europa
Engpässe beim Anheuern von Flugpersonal und längere Wartezeiten auf Sicherheitsfreigaben für neue Beschäftigte machen der Airline zu schaffen. Easyjet muss außerdem den Flugplan in London-Gatwick und Amsterdam anpassen, weil die Airports den wachsenden Problemen durch zu wenig Bodenpersonal begegnen, indem weniger Flüge stattfinden sollen. Easyjet ergreife deshalb vorbeugende Maßnahmen, um die Abläufe in den Sommermonaten zu stabilisieren, erklärt der Chef der Airline Johan Lundgren.
Mit den Streichungen jetzt werde weitgehend vermieden, dass Flüge in letzter Minute ausfielen. So könnten die Kunden wenigstens frühzeitig umbuchen.
Für so manchen ein schwacher Trost: Nach den Corona-Beschränkungen der vergangenen Sommer sorgen in diesem Jahr neben dem Flugchaos durch Streiks und Personalnot auch gepfefferte Preise unter anderem wegen gestiegener Energiekosten für Ferien-Frust.
Details zu Flugstreichungen sollen Lundgren zufolge in Kürze bekannt gegeben werden. Im Fokus: der Hauptstandort der Airline London-Gatwick und Amsterdam. Probleme gibt es aber in ganz Europa.
An seinem wichtigsten deutschen Abflugort Berlin hat Easyjet bereits von Anfang Juni bis Ende August täglich rund ein Dutzend Abflüge und Ankünfte gestrichen – damit fallen schon etwa 1000 Verbindungen weg!
Die Airline begründete dies auch mit einem ungewöhnlich hohen Krankenstand. In Großbritannien hat der Billigflieger Schwierigkeiten, Personal aus EU-Ländern einzustellen – wegen des Brexit!
Was ist das Problem?
In Europa gingen durch die Corona-Krise in der Luftfahrt 600 000 Arbeitsplätze verloren, weltweit wurden 2,3 Millionen Jobs abgebaut. Viele Arbeitnehmer haben sich Alternativen zu den Jobs gesucht, die mit Schichtdienst verbunden sind und körperlich harte Arbeit etwa in der Gepäckabfertigung bedeuten. Junge Kollegen kämen und gingen schon am nächsten Tag wieder, erzählte Marie Marivel, die an einem Pariser Flughafen an der Sicherheitskontrolle arbeitet für ein Nettogehalt von 1800 Euro im Monat. „Die sagen uns: Wir verdienen gerade so viel wie Supermarktkassierer für einen so verantwortungsvollen Job.“
20 Prozent der Stellen an deutschen Airports sind laut Flughafenverband ADV unbesetzt!
An vielen europäischen Flughäfen droht also in den kommenden Monaten Chaos mit langen Wartezeiten bei Sicherheitskontrollen und an Gepäckbändern, Flugstreichungen und Verspätungen mehren sich.
Die Lufthansa strich für Juli bereits 900 Flüge an Wochenenden an den Drehkreuzen Frankfurt und München, um in Spitzenzeiten für Entlastung an den Flughäfen zu sorgen – und muss möglicherweise nachlegen! Das könnte nötig sein, um den Luftverkehr in Europa zu stabilisieren, sagte Lufthansa-Chef Carsten Spohr am Montag bei der Jahresversammlung des globalen Airline-Verbands IATA in Doha. Wie es im August weitergeht, ist einem Sprecher zufolge noch offen. Die Airline bemühe sich darum, die Kunden auf alternative Flüge oder Zugverbindungen möglichst am selben Tag umzubuchen.
Wie sind die Aussichten?
Auch über den Sommer hinaus könne der Engpass anhalten, da ältere Beschäftigte in Rente gehen und weniger junge Leute sich für einen Arbeitsplatz am Flughafen interessierten, erklärte Rico Luman, Analyst von der Bank ING. „Selbst wenn es zu einer Rezession kommen sollte, bleibt der Arbeitsmarkt mindestens in diesem Jahr noch angespannt“, ergänzte er.
Deutschlands Flughäfen sind im Ausnahmemodus – und die Bundesregierung ist bislang noch ziemlich ratlos. Verkehrsminister Volker Wissing (52, FDP) noch vor einer Woche zu BILD am SONNTAG: „Kurzfristige Lösungen wären zwar äußerst wünschenswert, sind aber nicht sehr wahrscheinlich.“