Während die Flut im Ahrtal ein beispielloses Chaos hinterließ, weilte die damalige Umweltministerin im Urlaub. An einen Rücktritt von ihrer heutigen Position als Bundesfamilienministerin scheint sie dennoch nicht zu denken. Bundeskanzler Olaf Scholz muss jetzt handeln.
„Mir ist das Herz schwer,“ säuselte Anne Spiegel vor den Kameras des SWR; sie lasse die Trauer nach der Flutkatastrophe im Ahrtal nicht los. Kurz darauf ging es für die damalige rheinland-pfälzische Umweltministerin ab nach Frankreich – in den vierwöchigen (!) Familienurlaub. First things first!
Ist es Kaltschnäuzigkeit, ist es politische Schauspielerei, ist es schlichtweg krasser Egoismus, der die heutige Bundesfamilienministerin von den Grünen bei der Flutkatastrophe im Sommer vergangenen Jahres so handeln ließ? Wahrscheinlich eine Mischung aus allem. Eine Mischung, die den Schluss nahelegt, dieser Politikerin sei es selbst angesichts von 134 Todesopfern in erster Linie um das eigene Bild in der Öffentlichkeit und das eigene Wohl gegangen.
An jenem verhängnisvollen 14. Juli 2021, als die ersten Menschen bereits vor den Fluten flüchteten, hatte sie noch verbreitet, es drohe keinesfalls ein Extremhochwasser. Dann tauchte sie ab, achtete bei Presseerklärungen ihres Hauses auf politisch-korrektes Gendern, sorgte sich um mögliche Vorwürfe vom Koalitionspartner SPD an ihre Adresse und zeigte sich gern bei Fototerminen mit Flutopfern. Genau das hatte ihr um „Annes Rolle“ besorgter Pressesprecher schon am Morgen nach der Todesnacht empfohlen. Bald darauf ging es ab in den vierwöchigen Urlaub.
Anne Spiegel geht in den Urlaub, statt sich um die Folgen der Flutkatastrophe zu kümmern
Anne Spiegel hätte die Flut nicht aufhalten können. Rheinland-Pfalz war auf das Naturereignis ebenso wenig vorbereitet wie das ebenfalls schwer betroffene Nordrhein-Westfalen. Aber in der Krise tauchte sie ab und war ums eigene Image eher besorgt als um das Schicksal der Menschen. Zudem hatte der Familienurlaub Vorrang vor der damals wichtigsten Aufgabe der Ministerin: sich um die Folgen der Katastrophe und den Wiederaufbau zu kümmern.
Ihre nordrhein-westfälische Amtskollegin Ursula Heinen-Esser (CDU) hatte ähnlich instinktlos gehandelt. Sie hatte ihren Mallorca-Urlaub wegen der Flutkatastrophe kurz unterbrochen, flog dann aber für weitere neun Tage zurück, weil sie die Geburtstagsfete ihres Mannes nicht versäumen wollte. Auch ein unglaublich instinktloses Verhalten. Heinen-Esser zog inzwischen wenigstens die Konsequenzen und trat zurück.
Anne Spiegel denkt nicht an einen Rücktritt – Scholz muss handeln
Anne Spiegel denkt offenbar nicht an Rücktritt. Warum auch? Von den professionellen Tugendwächtern in ihrer eigenen Partei, die anderen so gerne mangelnde Empathie oder einen angeblich fehlenden moralischen Kompass vorhalten, ist kein Wort der Kritik zu hören. Spiegel wurde auch von vielen Medien bisher sehr gnädig behandelt. Das beste Beispiel ist der „Spiegel“, der das Versagen der Grünen-Politikerin in einer Geschichte über das Verhalten von Armin Laschet (CDU) zu verstecken versuchte. Nach dem Motto: grüner Kleinkram.
Anne Spiegel ist seit Dezember Ministerin im Kabinett von Olaf Scholz (SPD). Diese Ministerin hat in Rheinland-Pfalz bei einer schweren Katastrophe versagt – politisch und menschlich. Das disqualifiziert sie für ein Amt in Berlin.
Wenn sie selbst nicht endlich zurücktritt, sollte der Kanzler, der so gerne von „Respekt“ spricht, dem Bundespräsidenten ihre Entlassung vorschlagen: aus Respekt vor den Flutopfern im Ahrtal. Und ebenfalls aus Respekt von den Menschen, die vor ihren Politikern zu Recht mehr erwarten als eiskaltes Taktieren zum eigenen Wohl.