Die Minister der neuen Bundesregierung wollen laut einem Bericht deutlich mehr Geld ausgeben, als für ihre Ressorts eingeplant ist. Finanzminister Lindner fordert von seinen Kabinettskollegen dagegen Sparsamkeit.
FDP-Politiker Christian Lindner will die Staatsausgaben gern eindämmen, doch als Bundesfinanzminister sieht er sich in den laufenden Haushaltsverhandlungen laut einem Bericht mit hohen Forderungen nach Mehrausgaben seiner Kabinettskollegen konfrontiert.
In den Haushaltsverhandlungen sollen Mehrausgaben-Wünsche im Bundesfinanzministerium von fast 400 Milliarden Euro gegenüber der geltenden Finanzplanung für die kommenden Jahre eingegangen sein, schreibt das »Handelsblatt« unter Berufung auf Regierungs- und Koalitionskreise. Allein für 2022 beliefen sich die Mehrforderungen der Ressorts auf rund 70 Milliarden Euro.
Die Wünsche seien »nicht ansatzweise mit den finanziellen Rahmenbedingungen in Einklang zu bringen«, heißt es laut »Handelsblatt« aus dem Bundesfinanzministerium. Haushaltspolitiker fürchten offenbar bereits, die Neuverschuldung in diesem Jahr könnte angesichts der Forderungen die geplanten 100 Milliarden Euro überschreiten. Das wird dem Bericht zufolge im Bundesfinanzministerium jedoch dementiert: »Das Ziel steht.« Hinzu kommt: Von 2023 an wollen die Ampelpartner auch die reguläre Schuldenbremse wieder einhalten.
Habeck, Wissing und Lauterbach verlangen wohl mehr
Insbesondere Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) und Gesundheitsminister Karl Lauterbauch (SPD) verlangen laut »Handelsblatt« mehr Mittel: In Lauterbachs Gesundheitsministerium gehe es etwa besonders um den Steuerzuschuss für die gesetzlichen Krankenkassen. Für diesen könnten laut Kassenberechnungen 2021 bereits knapp 31 Milliarden Euro nötig werden – und auf bis zu 60 Milliarden Euro könnte die Finanzlücke anwachsen, sollten Reformen ausbleiben, heißt es. Habeck wiederum wolle mit neuen Milliarden Förderprogramme zur Bekämpfung der Klimakrise auflegen, Wissing die Infrastruktur modernisieren.
Wohl auch angesichts dieser Nachforderungen mahnt Lindner seine Kabinettskollegen zu Zurückhaltung. Schon dieses Jahr sei Sparsamkeit gefragt. »Bereits in diesem Jahr allerdings rate ich nachdrücklich zu Ausgabendisziplin. Der Staat darf das Geld nicht schneller ausgeben, als die Bürgerinnen und Bürger in der Lage sind, es zu erwirtschaften«, sagte der FDP-Chef der »Rheinischen Post«. Für das laufende Jahr gibt es noch keinen vom Bundestag verabschiedeten Bundeshaushalt. Die Regierung arbeitet daher mit einer »vorläufigen Haushaltsführung«. Derzeit laufen Haushaltsgespräche mit den Ressorts.
Bereits vor Wochen hatte Linder seine Kabinettskollegen in einem Brief zu Sparsamkeit angehalten. »Niemand hört offensichtlich auf den Bundesfinanzminister«, kritisierte Unions-Haushaltspolitiker Christian Haase dem »Handelsblatt« zufolge. »Man kann nur hoffen, dass dies nicht zum Markenzeichen des Bundesfinanzministers wird.«
Ökonom Südekum fordert Ampel zum Priorisieren auf
Auch der frühere Chef der Wirtschaftsweisen Lars Feld mahnte demnach, die Wünsche der Ampel müssten »jetzt auf das Machbare heruntergefahren werden«. Der Ökonom Jens Südekum sagte, die Ampel müsse »jetzt Prioritäten auf der Ausgabenseite setzen. Ganz oben muss dabei die Zukunftsagenda stehen«.
Lindner will den überarbeiteten Bundeshaushalt 2022 und die Eckwerte für 2023 am 9. März dem Kabinett vorlegen. Nach den Planungen des Ministeriums soll der Etat voraussichtlich im März in erster Lesung im Bundestag beraten und voraussichtlich im Mai beschlossen werden. apr/dpa