3G-Regel bei der BVG:

Krankmeldungen nehmen zu

07.12.2021
Lesedauer: 4 Minuten
Markus Wächter - Wichtiger Verkehrsträger: Trotz Corona-Pandemie wird die BVG täglich im Durchschnitt für rund zwei Millionen Fahrten genutzt. Hier ein Zug der U-Bahn-Line U7 am Kleistpark.

Im Berliner Nahverkehr fallen Fahrten aus, seitdem sich ungeimpfte Mitarbeiter testen lassen müssen. S-Bahn und DB melden ebenfalls Einschränkungen.  

Berlin- Das hört man als Fahrgast nicht gern. „Derzeit können wir Ihnen nicht alle Fahrten anbieten“ – so lautete eine Durchsage der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), die am Montagmorgen in der U-Bahnstation Eberswalder Straße auf der Linie U2 aus dem Lautsprecher kam. Das Landesunternehmen ist mit seinem Problem nicht allein. Am Wochenende meldete DB Regio Zugausfälle auf der Strecke zum BER. Zuvor hatte die S-Bahn Berlin angekündigt, dass sie ihren Fahrplan ausdünnt – ebenfalls weil der Krankenstand gestiegen ist. Auffällig ist, dass die Zahl der Krankmeldungen im Nahverkehr seit der Einführung von 3G am Arbeitsplatz zugenommen hat. „Viele Ungeimpfte haben keinen Bock aufs Testen und bleiben ganz weg, melden sich also krank“, sagte ein Brancheninsider der Berliner Zeitung.

„Wir sehen bereits seit den letzten Wochen einen Anstieg der Krankenstände im Unternehmen. Das ist für die Jahreszeit typisch – grippale Infekte, Kinder sind krank und so weiter“, erklärte BVG-Sprecher Jannes Schwentu am Montag. Auf die Corona-Maßnahme 3G ging er nicht ein. Dagegen sagte Jeremy Arndt von der Gewerkschaft Verdi: „Die BVG kämpft mit demselben Problem wie die S-Bahn. Auch bei ihr ist die Zahl der Krankmeldungen gestiegen, seitdem 3G am Arbeitsplatz gilt.“ Die Folge sei, dass Fahrten „in Größenordnungen“ ausfallen und Fahrgäste länger als sonst warten müssen. Ein Beispiel sei der Bereich des BVG-Omnibusbetriebshofs Britz im Süden Berlins, zu dem wichtige Buslinien wie die M11, M41, M46 und X7 gehören.

BVG-Sprecher Schwentu äußerte sich zur U-Bahn. Zu den Durchsagen auf der U2 sagte er: „Tatsächlich hat es dort heute Vormittag einzelne Ausfälle aufgrund sehr kurzfristiger Krankmeldungen gegeben. Es gilt aber weiterhin: Es sind derzeit keine Angebotseinschränkungen bei der U-Bahn geplant. Die Besetzung der Fahrdienste kann nach aktuellem Stand im weiteren Wochenverlauf sichergestellt werden.“

„Die Stimmung ist im Keller“

Seit dem 24. November gilt: Damit Beschäftigte ihre Arbeitsstätte aufsuchen dürfen, müssen sie gegen Corona geimpft, von der Krankheit genesen oder im Besitz eines aktuellen negativen Testergebnisses sein. Zwar bietet die BVG vielerorts Tests an. Doch die Teststellen aufzusuchen, bedeutet einen gewissen Aufwand, den manch einer scheut.

„Die Stimmung ist im Keller“, berichtete jemand, der die ostdeutsche Verkehrsbranche gut kennt. Es soll Fälle gegeben haben, in denen Mitarbeiter so unvorsichtig waren, vor Zeugen zu sagen, dass sie sich wegen 3G und der damit verbundenen Testpflicht für Ungeimpfte krank melden. Daraufhin seien „arbeitsrechtliche Konsequenzen gezogen“ worden, hieß es. „Arbeitnehmern, die keinen Impfnachweis vorweisen und sich gleich danach sechs Wochen lang krank melden, steigen wir schon mal aufs Dach“, fügte ein Mitarbeiter eines Berliner Verkehrsunternehmens hinzu.

Die Branche steht vor großen Herausforderungen. Vor dem 24. November durften die Arbeitgeber nicht wissen, ob ihre Beschäftigten gegen Corona geimpft sind oder nicht. Seitdem 3G am Arbeitsplatz gilt, dürfen sie es nicht nur wissen, sie müssen den Impfstatus sogar kontrollieren. Dabei hätten einige von ihnen „böse Überraschungen“ erlebt, wird berichtet. So fand ein sächsischer Regionalzugbetreiber heraus, dass Ende November nicht einmal ein Viertel seines Personals geimpft war. Bei Güterbahnen in Ostdeutschland soll die Corona-Impfquote noch darunter gelegen haben.

Inzwischen hätten arbeitsrechtliche Konsequenzen bei Kollegen der Betroffenen für ein Umdenken gesorgt, wird berichtet. Die Ankündigung einer Impfpflicht habe die Impfquote weiter steigen lassen. Trotzdem seien weiterhin Konflikte absehbar, hieß es. Weil vom Zugbegleitpersonal erwartet wird, dass es 3G-Nachweise der Fahrgäste kontrolliert, gebe es immer wieder Streit. Ohne Unterstützung der Bundespolizei sei die Aufgabe kaum zu bewältigen – und manchmal gefährlich.

„Corona ist ein Thema, das emotionalisiert“

Nicht nur in Berlin müssen sich Fahrgäste auch weiterhin auf Einschränkungen einstellen. „Corona-Erkrankungen, Quarantäne, Kinderbetreuung wegen geschlossener Kitas und Schulen: Aufgrund eines hohen Krankenstandes bei den Fahrern von Bahn- und Busunternehmen kommt es auf einigen Linien zu Ausfällen“, meldete der Verkehrsverbund Mittelsachsen.

Am Sonnabend teilte DB Regio mit, dass beim Flughafen-Express zwischen Berlin und dem BER 15 Fahrten gestrichen werden – „wegen kurzfristiger Krankmeldungen“. Wie berichtet, schränkt die S-Bahn den Verkehr wegen einer Krankenquote von mehr als elf Prozent bis zum Jahresende ein. Auf den Linien S1, S3 und S5 fallen die Verstärkerzüge im Berufsverkehr aus, auf den Linien S26, S45 und S85 verkehren am Wochenende gar keine S-Bahnen. Während der Fahrgastverband IGEB oft kritisiert, dass die BVG ihr Angebot ohne vorherige Mitteilung anpasst, kündigte die S-Bahn die Streichungen diesmal an.

„Corona ist auch bei uns ein Thema, das manch einen emotionalisiert“, hieß es bei dem DB-Unternehmen. Immerhin: So niedrig wie anderswo sei die Impfquote bei der S-Bahn nicht. Sie liege bei deutlich mehr als 70 Prozent.

Das könnte Sie auch interessieren

Für Energiekonzern
01.12.2024
EU-Plan gescheitert
29.11.2024
ARD-Show "Die 100"
26.11.2024
Abstimmung über neue EU-Kommission
27.11.2024

Kommentare

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

zwei + 12 =

Weitere Artikel aus der gleichen Rubrik

Für Energiekonzern
01.12.2024
EU-Plan gescheitert
29.11.2024

Neueste Kommentare

Trends

Alle Kategorien

Kategorien