Bier und Co.

Der historische Paletten-Engpass erreicht den Alltag

03.12.2021
Lesedauer: 3 Minuten
Ein Gabelstapler fährt an Holzpaletten vorbei - Quelle: dpa-infocom GmbH

Ohne Euro-Paletten geht in der Wirtschaft fast nichts. Doch sie sind knapp und teuer geworden. Das nötige Schnittholz für die Produktion der Träger bleibt Mangelware. Ein Ende der Notlage ist nicht in Sicht – im Gegenteil.

Peter Peschmann schlägt Alarm: „Die Logistikabläufe sind aus dem Tritt gekommen“, sagt der Technik-Geschäftsführer der Großbrauerei Veltins. Zwar können die Sauerländer ihr Bier noch an Handel und Gastronomie ausliefern. Das hat aber seinen Preis, denn die dafür notwendigen Paletten sind knapp und teuer.

Auf rund 1,5 Millionen Euro schätzt Peschmann im laufenden Jahr die Mehrkosten für die Palettenversorgung allein bei Veltins, das wird sich auch beim Bierpreis bemerkbar machen. Vor der Pandemie lag der Preis für das Format EPAL Europalette noch bei gut sieben Euro, derzeit wird mehr als das Doppelte fällig.

Und Veltins brauche jedes Jahr rund 180.000 neue Holzträger, um ein einwandfreies Handling möglichst ohne Stillstand in der Abfüllung, im Hochregallager und beim Versand zu gewährleisten, erklärt Peschmann: „Die Europalette als existenzielles Standardinstrument für den gesamten Mehrwegkreislauf ist zu einem kostspieligen Gut geworden.“ Nie zuvor habe es solche Preissteigerungen und Engpässe bei Paletten gegeben.

Ein Ende der Notlage scheint nicht in Sicht. Im Gegenteil: Das nötige Schnittholz für die Produktion der Träger ist und bleibt Mangelware. „Die Palettenhersteller wussten teilweise nicht, wann sie mit Holz beliefert werden und wie viel sie dann bekommen“, sagt Marcus Kirschner, Geschäftsführer des Bundesverbands Holzpackmittel Paletten Exportverpackungen (HPE).

Denn die Sägewerke hätten viel Holz in den Export gegeben – weil zum Beispiel in China und den USA höhere Preise zu erzielen waren. Zwar hat sich diese Exportfixierung mittlerweile wieder abgeschwächt. „Die Auswirkungen sind aber bis heute zu spüren in der Palettenbranche“, berichtet Kirschner.

Und die Spirale könnte bald von Neuem beginnen. Denn Russland hat ein Exportverbot für Rundholz ab Januar 2022 angekündigt. „Wer bislang dort eingekauft hat, muss sich also neue Lieferanten suchen“, sagt Kirschner. Gleichzeitig steige die Holznachfrage in Ländern wie China, Indien, Pakistan oder Australien. Das könne die Preise erneut treiben. Und in der Palettenproduktion hat Holz einen Anteil von 80 Prozent an den Herstellungskosten, rechnet die European Pallet Association (EPAL) vor.

Parallel zu den steigenden Kosten ist auch die Nachfrage hoch, nicht zuletzt durch die allgemeinen Logistikprobleme. Weil der Warenfluss weltweit gestört ist, müssen viele Güter zwischengelagert werden. Dieses Puffern blockiert gigantische Palettenmengen, die damit dem Kreislauf nicht wie üblich zur Verfügung stehen.

Gleichzeitig sorgen Nachschubprobleme in etlichen Bereichen dafür, dass viele Firmen besonders hohe Lagerbestände bei bestimmten Vormaterialien angelegt haben. Auch dafür werden Paletten benötigt. Und schließlich führt auch der boomende Online-Handel zu einem stark steigenden Bedarf, werden doch für das E-Commerce-Geschäft im großen Stil Hochregallagerkapazitäten aufgebaut.

Doch längst nicht jeder Hersteller hat noch ausreichend Spielraum, um seine Kunden wunsch- und bedarfsgerecht zu beliefern, meldet der HPE. Die Probleme betreffen auch das Standardformat EPAL.

„Die wachsende Nachfrage ist im ersten Halbjahr 2021 mit einer Verknappung und einem drastisch ansteigenden Preis von Holz zusammengetroffen. Beides hat dazu geführt, dass Holzpaletten vorübergehend nicht in der zuvor gewohnten Flexibilität zur Verfügung gestanden haben“, sagt Bernd Dörre, der Chef der European Pallet Association. Der Bedarf ist riesig: Benötigt werden in Deutschland üblicherweise rund 145 Millionen neue Paletten pro Jahr. Aus heimischer Produktion stammen davon gut 110 Millionen.

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