Die Impfkampagne in Deutschland verliert an Tempo. Linken-Fraktionschef Bartsch fordert TV-Spots für die Vakzinierungen, SPD-Politikerin Bas sieht Gesundheitsminister Spahn in der Pflicht.
Für seinen Vorschlag, zur besten Sendezeit im Fernsehen für Coronaimpfungen zu werben, erhält Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer, Zuspruch aus der Politik. »Die Impfkampagne sollte unter anderem auch mit TV-Spots beworben werden«, sagte der Chef der Linksfraktion im Bundestag, Dietmar Bartsch, der »Neuen Osnabrücker Zeitung«.
Ärztekammerpräsident Reinhardt hatte der »Rheinischen Post« zuvor unter anderem gesagt: »Ich vermisse den TV-Spot zum Impfen vor der Tagesschau.« Er drängte zudem auf Informationskampagnen vor Ort – »und zwar genau da, wo die Impfbereitschaft bisher gering ist«.
Die SPD-Vizefraktionschefin Bärbel Bas kritisierte, dass etwa die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung bislang »kaum sichtbar« sei. »Die bestehenden Angebote reichen offenbar nicht aus, um ausreichend Impfwillige zu erreichen«, sagte Bas dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) müsse die Informationskampagne deutlich ausbauen. »Wir brauchen mehr Werbung und Aufklärung«, forderte Bas.
Städtetag fordert Werbung »auf allen Kanälen«
Auch der Präsident des Deutschen Städtetages, Burkhard Jung, drängte gegenüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe auf eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit für die Coronavakzinen. »Wir müssen auf allen Kanälen versuchen, Menschen anzusprechen, die sich beim Impfen bisher zurückhalten«, sagte Jung. Es müsse einfacher werden, sich auch außerhalb von Impfzentren und Arztpraxen impfen zu lassen. Impfmüdigkeit dürfe sich nicht durchsetzen, die Zahl der Impfungen müsse wieder steigen.
»Es ist wichtig, dass wir die Impfkampagne beschleunigen, die Politik muss mehr Werbung dafür machen«, sagte die Geschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga), Ingrid Hartges, der »Augsburger Allgemeinen«. Es müsse stärker deutlich gemacht werden, dass Geimpfte »bald wieder über ihre Freiheitsrechte voll verfügen können«.
Die Zahl der täglich verabreichten Impfstoffdosen war in den vergangenen Wochen zurückgegangen. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) haben 48.799.636 Personen (58,7 Prozent der Bevölkerung) mindestens eine Impfdosis erhalten, 35.776.237 Personen (43,0 Prozent) sind bereits vollständig geimpft.
Am Dienstag hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Gesundheitsminister Spahn erneut an Unentschlossene appelliert, sich impfen zu lassen. »Eine Impfung schützt nicht nur Sie, sondern auch immer jemanden, dem Sie nahestehen, der Ihnen wichtig ist, den Sie lieben«, sagte Merkel. Eine Impfpflicht schlossen beide aus. Über einen möglichen weiteren Shutdown im Herbst bei steigenden Infektionszahlen, sagte die Kanzlerin: »Wir tun natürlich alles, um das zu verhindern«.
Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach geht derzeit nicht davon aus, dass ein erneuter Shutdown in Kürze notwendig wird. »Die Fallzahlen steigen zwar wieder, aber das war zu erwarten mit den Lockerungen, die gerade beschlossen wurden. Sie werden auch noch weiter nach oben gehen. Wenn wir aber jetzt nicht drastisch öffnen und uns an die wichtigste Regel im Pandemiesommer halten, nämlich draußen geht viel, drinnen muss man vorsichtig bleiben, dann kommen wir gut durch«, sagte er der »Passauer Neuen Presse«.
fek/dpa