Elektroauto fahren geht schnell ins Geld, wenn man häufig an öffentlichen Stationen laden muss. Eine unübersichtliche Tarifauswahl macht es nicht besser. Muss das sein?
Elektroautos sind zwar in der Anschaffung teuer, aber dafür fallen im Anschluss weniger Kosten an. Es fällt derzeit keine Kfz-Steuer an und E-Autos gelten als weniger wartungsintensiv, sie brauchen keinen Ölwechsel, haben keine Zündkerzen und keine Auspuffanlage, die kaputtgehen können. Doch mit einem Elektroauto langfristig Geld zu sparen, klappt nur, wenn auch der Strompreis für die Aufladung stimmt. Aber Anbieter von Ladesäulen haben die Preise fürs Stromtanken zuletzt angehoben – und viele verlangen schon länger deutlich mehr als für Haushaltsstrom.
„Einige Jahre lang waren die niedrigen Preise fürs Aufladen der Batterie ein gutes Argument für den Wechsel zum E-Auto“, sagt Matthias Vogt, Experte für E-Mobilität beim ADAC. „Doch insbesondere an den öffentlichen Ladesäulen muss man mittlerweile sagen: Es kommt darauf an.“ Und zwar darauf, in welcher Stadt man lebt, wie oft man eine Schnellladesäule nutzt – und wie gut man sich im Wirrwarr verschiedener Tarifoptionen zurechtfindet.
Bislang werden Elektroautos vor allem für den Arbeitsweg genutzt. Wie eine Umfrage des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI zeigt, findet mehr als die Hälfte ihrer Ladevorgänge zu Hause statt, ein Viertel beim Arbeitgeber und nicht mal jeder fünfte an öffentlichen Ladesäulen. „Doch in Zukunft wird das öffentliche Laden wichtiger werden“, sagt Uta Burghard, die die Studie mitverfasst hat.
Gerade hat die EU letzte Zweifel daran beseitigt, dass Elektroautos die Zukunft sind. Die Europäische Kommission hat ihre Pläne vorgestellt, von 2035 an de facto keine Autos mehr in der EU zuzulassen, die CO2 ausstoßen. Zwar müssen die Vorgaben noch mit EU-Parlament und den Mitgliedsländern verhandelt werden und könnten abgeschwächt werden. Zuletzt haben aber mit Audi, VW und Opel bereits mehrere Hersteller verkündet, dass bei ihnen in absehbarer Zukunft die letzten Diesel und Benziner vom Band laufen werden. Wer dann nicht zu Hause eine Ladestation installieren oder beim Arbeitgeber laden kann, muss auf die öffentlichen Stationen ausweichen.
Bis zu 60 Euro kostet einmal vollladen
Dort fällt auf, dass der Strom deutlich teurer ist als an der Steckdose zu Hause. Während Haushaltsstrom hierzulande derzeit im Schnitt knapp 32 Cent pro Kilowattstunde kostet, liegt der Preis an der Normalladesäule um bis zu 20 Cent darüber, am Schnelllader sogar um bis zu 45 Cent. Das zeigt ein Preisvergleich des Ökostromanbieters Lichtblick und des Datendienstleisters Statista aus dem vergangenen Herbst.
Die Unternehmen erklären die Kosten mit den hohen Investitionen. „Ein größerer Ladepark mit Solardach kostet einen sechs- bis siebenstelligen Betrag“, sagt ein Sprecher von EnBW. Zudem sei es aufwendig, die Säulen regelmäßig zu warten und eine 24-Stunden-Hotline zu betreiben. Und im Fall der Schnellladestationen sei ein Mittelspannungsanschluss teuer, aber unverzichtbar. „Wir rechnen Mitte des Jahrzehnts mit einer positiven Jahresbilanz im Bereich E-Mobilität, bislang gehen wir also noch in Vorleistung“, heißt es bei EnBW weiter.
Der Wettbewerber Ionity, ein Zusammenschluss mehrerer großer Autokonzerne, hat in Europa in 400 Schnellladeparks an den Hauptverkehrsachsen investiert. Das hat viel Geld gekostet – was auch die Kundschaft zu spüren bekommt. Der Preis für eine Kilowattstunde liegt bei Ionity bei bis zu 79 Cent, entsprechend kann es mehr als 60 Euro kosten, ein Fahrzeug mit großer Batterie aufzuladen.
Die Ladesäulenbetreiber verweisen darauf, dass ein Großteil des Preises gar nicht bei ihnen ankomme. Tatsächlich setzt sich der Strompreis nur zu rund einem Viertel aus den Kosten für die Stromerzeugung und den Vertrieb zusammen. Ein weiteres Viertel erhalten die Netzbetreiber für die Nutzung der Stromnetze. Staatliche Steuern, Abgaben und Umlagen machen gut die Hälfte aus. Dazu gehört auch die EEG-Umlage, mit der die Bundesregierung erneuerbare Energien fördern will. Sie wurde zuletzt gesenkt und mehrere Parteien wollen sie nach der Bundestagswahl weiter senken oder ganz abschaffen. Wie der Strompreis zusammengesetzt ist, gilt allerdings gleichermaßen für Haushaltsstrom und Strom an den Ladesäulen, erklärt also noch nicht die großen Preisunterschiede zwischen den Anbietern.
Monopolartige Zustände
Ein Grund dafür dürfte vielmehr sein, dass einzelne Anbieter in bestimmten Städten und Regionen einen Großteil der Ladesäulen stellen. Diese monopolartigen Zustände hat etwa der Wirtschaftswissenschaftler Achim Wambach in der WirtschaftsWoche kritisiert: Da der Betreiber einer Ladesäule bislang nicht dazu verpflichtet sei, anderen Stromanbietern Zugang zu seiner Ladesäule zu ermöglichen, bedeute das: „Der Kunde, der sein E-Auto unterwegs aufladen will, ist vor Ort an einen Anbieter und dessen Tarife gebunden. Ohne Wettbewerb kann der Strom von Ladesäulen daher künftig sehr teuer werden.“ Das Bundeskartellamt hat das Thema bereits im Blick und schon im vergangenen Jahr eine sogenannte Sektoruntersuchung eingeleitet, in deren Rahmen verschiedene Akteure auf dem Markt befragt werden. Noch könne man dazu allerdings nichts verkünden, erklärt die Behörde auf Anfrage.
Die Preisgestaltung der Anbieter macht es zusätzlich kompliziert. Wer versucht, sich zwischen der Fülle verschiedener Anbieter und Tarifoptionen zurechtzufinden, fühlt sich schnell an das Durcheinander aus der Welt der Mobilfunkgebühren erinnert. Die Verbraucherinnen und Verbraucher können hierzulande zwischen 383 Preismodellen für Ladestrom wählen, hat das Beratungshaus EUPD im April herausgefunden.
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Ladeverträgen und der Möglichkeit, ad hoc zu bezahlen. Wer ad hoc lädt, zahlt meist deutlich mehr als mit Vertrag – und muss sich darauf einstellen, dass der Preis dafür an der Ladesäule nicht immer sichtbar ist. Entscheidet man sich für einen Vertrag mit einem Anbieter und eigener Ladekarte oder App, hat man wiederum die Wahl zwischen verschiedenen Tarifen: Da ist das Preismodell, das eine monatliche Grundgebühr vorsieht, aber dafür einen geringeren Betrag pro Kilowattstunde abrechnet. Oder aber der Tarif, der ohne Grundpreis auskommt, aber dafür pro Ladung teurer ist. Ein Abo lohnt sich besonders für Fahrerinnen, die viel unterwegs laden.
Gerade weil es so viele Tarife gibt, fällt auch ein Vergleich nicht leicht: So beziehen sich die Preise im oben zitierten Ladesäulen-Check von Lichtblick und Statista nur aufs Laden ohne Vertragsbindung.
Und dann noch die Roaminggebühren
Wer mit der Ladekarte eines bestimmten Anbieters an der Säule eines Wettbewerbers lädt, muss sich zudem teilweise – wie beim Geld abheben – auf mehr oder weniger hohe Roaminggebühren einstellen. Damit steigt der Preis für eine 100 Kilometer lange Fahrt schnell um 20 Prozent.
Um halbwegs den Überblick zu behalten, bleibt E-Auto-Besitzern nichts anderes übrig, als sich intensiv einzulesen: Gerade hat das Magazin Connect in einem Tarifcheck die Preise an Ladesäulen verglichen und dabei die günstigsten Preismodelle für Wenig-, Normal- und Viellader aufgelistet. Anders als bei Mobilfunkverträgen oder Strom- und Gastarifen fehlt es bei Ladeverträgen noch an einer übersichtlichen Vergleichswebsite.
Immerhin hat ISI-Wissenschaftlerin Uta Burghard auch noch eine gute Nachricht: „Die Ladesäulen werden künftig besser ausgelastet sein und tragen sich allein dadurch eher wirtschaftlich“, sagt Burghard. Deshalb rechne sie nicht damit, dass die Preise fürs öffentliche Laden in den kommenden Jahren weiter stark steigen.