Wirtschaft

Tesla wird langsam profitabel – aber das ist im Preis drin

27.07.2021
Lesedauer: 4 Minuten
Tesla - es braucht mehr als gute Zahlen, um hohe Erwartungen zu erfüllen. Carlo Allegri / Reuters

Der Elektroautobauer hat im vergangenen Quartal so viele Autos gebaut wie noch nie – und einen Rekordgewinn eingefahren. Das mag einige Skeptiker verstummen lassen, doch es ist noch weit, bis die hohen, selbst geschürten Erwartungen erfüllt werden.

Bei Tesla zahlen sich so langsam die enormen Investitionen der Vergangenheit aus. Der bekannte amerikanische Elektro-Autohersteller hat am Montag zum ersten Mal einen Gewinn ausgewiesen, der nicht primär auf Sonderfaktoren wie den Verkauf von regulatorischen Krediten an Konkurrenten zurückgeht. Das Unternehmen meldete eine starke Nachfrage nach seinen Elektrofahrzeugen, und deutete an, dass die Auslieferungen in diesem Jahr die längerfristigen Wachstumsprognosen von 50 Prozent übertreffen könnten.

Tesla hat im vergangenen Quartal erstmals mehr als 200 000 Fahrzeuge hergestellt und verkauft, also mehr als doppelt so viel wie in der Vergleichsperiode im vergangenen «Krisenjahr». Der Umsatz verdoppelte sich fast, während der Netto-Quartalsgewinn beinahe um das Zehnfache zulegte und auf Basis der amerikanischen Rechnungslegung erstmals über 1 Mrd. $ stieg. Aufgrund von Sondererlösen war es der achte Quartalsgewinn in Folge für das inzwischen 18 Jahre alte Unternehmen mit inzwischen rund 80 000 Mitarbeitern.

Sie stellten in den vergangenen Monaten vor allem Tesla-Fahrzeuge der Modelle 3 und Y her, während Tesla kaum Autos der Modelle X und des «Flaggschiff-Modells» S absetzen konnte. Trotzdem wies das Unternehmen eine operative Marge von 11% aus – doppelt so hoch wie im vergangenen Jahr. Die Anleger jedoch scheint das wenig zu beeindrucken. Tatsächlich legte die Tesla-Aktie im nachbörslichen Handel nur leicht zu, da der Markt in den vergangenen Monaten positiv interpretierbare Nachrichten wie diese längst in Form satter Kursgewinne vorweggenommen hatte.

«Ich glaube nicht, dass irgendjemand wirklich einen solchen Gewinn erwartet hat, aber mit einer Marktkapitalisierung von deutlich mehr als 600 Mrd. $ braucht es mehr, um die Aktie zu bewegen, als früher», argumentierte denn auch Analytiker Ben Kallo von Robert W. Baird am Montag gegenüber der Nachrichtenagentur Bloomberg. Immerhin ist Tesla in seinen Augen auf gutem Weg, um zum profitabelsten Automobilunternehmen seiner Klasse zu werden. Das ist längst noch nicht sicher, aber dringend nötig.

Denn Tesla muss die Erlöse und vor allem auch den Gewinn in den kommenden Jahren massiv steigern, um seinen heutigen Marktwert auch nur in Ansätzen zu rechtfertigen. Zuversichtliche Marktteilnehmer oder wagemutige Investoren und Investorinnen wie zum Beispiel Cathie Wood von der Fondsgesellschaft Ark Investment Management oder Oracle-Gründer Larry Ellison glauben an das «Wachstumswunder», rechnen auf hohem Niveau mit weiteren Kursgewinnen und haben aus diesem Grund massiv in die Tesla-Papiere investiert. Andere sind skeptisch, aber vorsichtig, weil sie sich in den vergangenen Monaten mit Wetten auf fallende Kurse die Finger verbrannt hatten.

Allerdings sind ihre Argumente wohl nicht ganz von der Hand zu weisen, schliesslich haben die Tesla-Papiere in den vergangenen Monaten den allgemeinen «Wall-Street-Hype» nicht mehr mitgemacht. Ihre Kursnotierungen liegen knapp ein Drittel unter dem noch im Januar markierten Allzeithoch. Neben der hohen Bewertung gibt es dafür gute Gründe, schliesslich drängen inzwischen «altgediente» Wettbewerber wie Ford, General Motors, aber vor allem auch Volkswagen mit aller Macht mit modernen Elektro-Autos ins Geschäft und drohen Tesla mit ähnlichen Geschäftsmodellen auch aufgrund ihrer enormen Produktionserfahrung den Rang abzulaufen.

Der Wettbewerb hat sich aufgrund der Pandemie und den gewaltigen geld- und fiskalpolitischen Stimulierungsmassnahmen zusätzlich verschärft, weil die seltsame Kombination die Lieferketten etwa im Halbleiterbereich durcheinandergebracht und die Rohstoffpreise nach oben getrieben hat. Tesla dagegen hat sich selbst geschwächt, weil das Unternehmen in jüngster Zeit aufgrund von Zockereien mit Bitcoin und unzureichenden Reaktionen auf Kundenbeschwerden in China oder auf bemerkenswerte Unfälle in den USA für Schlagzeilen gesorgt hatte, also mit seltsamem Verhalten.

Inzwischen musste das Unternehmen 23 Mio. $ auf die 1,5 Mrd. $ an Unternehmensliquidität abschreiben, die es im Februar in Bitcoin investiert hatte. Der Start der schon vor einer Weile angekündigten Expansion ins hochmargige Truck- und Elektro-LKW-Geschäft verzögert sich ebenso, wie die allgemeine Verfügbarkeit der Software, mit welcher die Tesla-Fahrzeuge sich irgendwann völlig autonom bewegen sollen. Während die Software in den Augen euphorischer «Tesla-Jünger» schon morgen völlig neue Gewinnquellen erschliessen soll, fürchten Fachleute, es werde noch Jahre dauern, bis sie regulatorisch anerkannt und zugelassen werde.

Immerhin scheint sich Elon Musk langsam aus dem Rampenlicht zurückziehen zu wollen. Der Tesla-Gründer und Hauptaktionär hat in den vergangenen Jahren immer wieder mit flotten Ankündigungen und markigen Sprüchen für Furore und vor allem auch für hohe Erwartungen gesorgt, von nun an will er aber nur noch dann an der Präsentation von Quartalsergebnissen teilnehmen, «wenn es wirklich etwas zu sagen gibt».

Tatsächlich hat er die Automobilbranche mit Tesla auf Trab gebracht und kann inzwischen sogar von überaus günstigen Rahmenbedingungen profitieren. Die muss er aber auch nutzen und endlich deutlich und stetig steigende Gewinne aus dem Kerngeschäft liefern, sonst werden die hohen Erwartungen zum Bumerang. Das gilt vor allem auch dann, wenn die Konkurrenz schneller aufholt, als allgemein erwartet.

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