Die Regierung in Den Haag nennt es eine unangenehme Überraschung: Der Ölkonzern Shell will seinen Hauptsitz nach Großbritannien verlegen – und kappt auch im Namen die Verbindung in die Niederlande.
Der britisch-niederländische Ölkonzern Royal Dutch Shell will seine bisherige Aktienstruktur aufgeben und seinen Hauptsitz aus steuerlichen Gründen nach Großbritannien verlegen.
Shell wolle seine Struktur vereinfachen, teilte das Unternehmen mit. Das bedeute auch die Verlegung des Steuersitzes in das Land, wo Shell registriert sei. Auch die Führung des Unternehmens soll ins Vereinigte Königreich umziehen. Die Aktionäre sollen über den Plan am 10. Dezember abstimmen.
Die Regierung in Den Haag erklärte, sie sei »unangenehm überrascht«. Man bedauere diese Entscheidung zutiefst, teilte Wirtschaftsminister Stef Block auf Twitter mit. Die Regierung sei aber bereits in Gesprächen über die Folgen für Arbeitsplätze, Investitionen und Nachhaltigkeit. All dies sei »immens wichtig«.
Der Name des Energieriesen lautet bislang vollständig Royal Dutch Shell – das »Royal Dutch« (Königlich Niederländisch) will der Konzern aber künftig streichen.
Die Regierung in London begrüßte die Umzugspläne. An der Börse in London legten die Shell-Aktien am Morgen zu.
Eine einfache Aktienstruktur erleichtere Shell Rückkäufe eigener Anteilsscheine, teilte der Konzern mit. Das Unternehmen will Investoren an Bord halten und auch einen Konflikt mit dem aktivistischen Anteilseigner Third Point entschärfen. Dieser möchte eine Aufspaltung des Konzerns durchsetzen, das Shell-Management hatte eine Absage erteilt.
Hintergrund für die Verlegung ist auch ein lang anhaltender Streit mit der niederländischen Regierung über die Quellensteuer auf Dividenden von 15 Prozent, die dem Shell-Management ein Dorn im Auge ist. In Großbritannien gibt es diese Steuer nicht. Mit der dualen Aktienstruktur wollte der Konzern die niederländische Regelung bereits weitgehend umgehen. Nun verlegt er den Steuersitz nach London und will die unterschiedliche steuerliche Behandlung der A- und B-Aktien beenden. Nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU waren immer wieder Sorgen laut geworden, die Regierung in London wolle mit einem Steuerwettlauf Unternehmen anwerben.
Shell steht wie auch andere große Ölkonzerne unter zunehmendem Druck von Regierungen und Investoren, seine Aktivitäten auf CO2-Emissionen abzuklopfen. Das Unternehmen hat sich bereits von Geschäften mit fossilen Brennstoffen getrennt und gleichzeitig seinen Anteil an erneuerbaren Energien ausgebaut. Shell hatte erklärt, bis 2050 klimaneutral werden zu wollen, steht aber unter Druck, schneller mehr zu tun.
mmq/Reuters/AFP