Energie wird immer teurer

Selbst Fachleute im Landkreis sind überrascht von Entwicklung

02.12.2021
Lesedauer: 4 Minuten
Die hohen Strompreise sowie die Entwicklung bei Öl und Gas belasten auch im Landkreis viele Haushalte. © dpa

Ob Öl, Gas oder Strom – die steigenden Energiepreise sind derzeit Thema Nummer eins in vielen Haushalten. Selbst Energielieferanten sind überrascht über die Entwicklung. Besonders bang ist Menschen mit geringem Einkommen.

Bad Tölz-Wolfratshausen – Allgemein ist es so, dass fast jeder Haushalt zu lange mit der Heizöl-Bestellung gewartet hat“, sagt Samuel Kömpf, Sachbearbeiter im Ein- und Verkauf bei Heizöl Triebenbacher in Benediktbeuern. „Zuerst dachte man, das Öl wird wieder billiger, aber ab September war die Nachfrage nach Heizöl hoch, jedoch gab es kein Angebot. Dann ist der Preis angestiegen.“ Das liege daran, dass sich die Wirtschaft gerade im Aufschwung befinde, und Rohöl an der Börse werde hoch gehandelt. „So hohe Preise haben wir aber nicht erwartet.“ Der Sachbearbeiter geht davon aus, dass die Preise spätestens im Juni „deutlich runtergehen“. Wer Heizöl benötige, solle jetzt aber nicht zu lange warten, da die Lieferzeiten lang seien. Kömpf rät, geringere Mengen, also 1000 bis 2000 Liter, zu ordern.

„Die Entwicklung mit dieser enormen Steigerung über den mittlerweile langen Zeitraum hat wahrscheinlich niemand erwartet“, sagt auch Martin Filser von der Marketingabteilung bei Energie Südbayern. Eine Prognose kann auch er nicht geben. „Eine Einschätzung ist schwierig, die Märkte reagieren derzeit sehr volatil“, sagt Filser. „Es kommen mehrere Faktoren wie weltweit steigender Bedarf, steigende Rohstoffpreise und die CO2-Abgabe zusammen, die für den Preisanstieg verantwortlich sind.“ Dass Kunden Verträge kündigen, kann Filser nicht beobachten. „Im Gegenteil, derzeit kommen eher mehr Kunden zu uns zurück“, sagt er. Sie seien in der Regel gut informiert und verstünden, dass der Preisanstieg auf externe Faktoren zurückzuführen sei und alle Energieversorger gleichermaßen betreffe.

Nachfrage nach Heizöl geringer

Bei der BayWa-AG ist die Nachfrage nach Heizöl heuer geringer als 2020. „Das war zu erwarten“, sagt Christian Gscheidmeier, Leiter des Vertriebs „Fuels“. „Im vergangenen Jahr war der Ölpreis sehr niedrig, das hat die Nachfrage beim Heizöl massiv beflügelt. Viele Haushalte haben sich entsprechend bevorratet.“ Der schnelle Preisanstieg habe viele Kunden überrascht. Wer bisher keinen dringenden Bedarf und noch genügend Öl im Tank hat, warte mit der Bestellung eher ab.

Tölzer sind bei den Stadtwerken meist treue Kunden

Nicht nur Heizöl, auch Strom ist ein großes Thema. „Wir haben langfristig eingekauft“, sagt Walter Huber, Geschäftsführer der Tölzer Stadtwerke. „Wir planen immer in Kalenderjahresschritten. Unser Portfolio ist so günstig, dass es nur marginale Preissteigerungen gibt.“ Für 2023 würden jedoch noch Mengen fehlen. „Die beschaffen wir im nächsten Jahr“, so Huber. Wie sich dann der Strompreis gestalten wird, kann er noch nicht sagen. Aber: „Der Gaspreis wird sich für alle Kunden mit Jahresvertrag ungefähr um einen Cent erhöhen.“ Für das kommende Jahr habe er in Bezug auf die Preise ein „richtig gutes Gefühl“. Jedoch: „2023 wird schlimmer werden, aber das kann sich auch schnell wieder ändern.“ Mit Kündigungen hatten die Tölzer Stadtwerke nicht zu kämpfen. „Wir gewinnen eher Kunden. Wir haben für die Tölzer gut und langfristig eingekauft.“

Caritas und Tafel in Sorge

Die Wohlfahrtsverbände sehen die Preisentwicklung mit Sorge. „Stromrechnungen, die nicht beglichen werden können, begleiten uns schon immer“, sagt Christina Freundorfer von der Schuldner- und Insolvenzberatung der Caritas in Wolfratshausen. „Aber wir rechnen damit, dass solche Anfragen in Zukunft noch zunehmen.“ Freundorfer hofft zwar, dass es „nicht so schlimm wird“, sie weiß jedoch auch: „Wohnen und einen gewissen Lebensstandard zu halten, ist sehr teuer.“ Wenn jemand seine Rechnungen nicht mehr bezahlen kann, geht sie mit dem Betroffenen dessen Budget durch. Gemeinsam wird überlegt, ob man noch „an anderen Stellschrauben drehen kann“. Gelegentlich sei auch ein Wechsel des Energieanbieters sinnvoll.

Auch Birgitta Opitz von der Lenggrieser Tafel ist sicher, dass da noch einiges kommen wird. „Unsere Sozialcard-Berechtigten haben immer schon die Sorge, dass der Mietpreis steigt“, sagt Opitz. „Für unsere Klienten ist es jetzt noch mal härter.“ Im Caritas-Gebrauchtwarenmarkt „Carisma“ in Geretsried blieb ein Ansturm derer, die von der Sorge getrieben werden, sich nichts mehr leisten zu können, bislang aus. „Unsere Kunden kommen eher zu uns, weil sie wissen, dass sie bei uns gute Sachen zu einem günstigen Preis erhalten“, erklärt Jan-Michael Plato vom Vertrieb. Die steigenden Energiepreise würden aber sicher bei einigen eine Rolle spielen. „Ich schätze aber, dass das nur zehn bis 15 Prozent sind“, so Plato. „Bei uns spielt eher der Nachhaltigkeitsaspekt eine Rolle.“

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