Mehr als 500 E-Scooter auf dem Grund des Rheins in Köln

15.06.2021
Lesedauer: 5 Minuten
Quelle: wdr.de

Eigentlich gehören sie auf den Radweg. Doch in Köln sind viele von ihnen unter Wasser. Mehr als 500 E-Scooter haben Taucher auf dem Grund des Rheins ausgemacht. Eine Gefahr für die Umwelt.

Nach Aussagen von Tauchern ist der Grund des Rheins in Köln mit Elektro-Tretrollern übersäht. Die Anbieter tun sich schwer, etwas dagegen zu machen. Der Kölner Bau-Taucher Markus Hambüchen bekam vor einigen Tagen einen Anruf aus der Zentrale eines der größten Anbieter von E-Scootern in Deutschland. Der Mann am anderen Ende bat den Taucher um einen Kostenvoranschlag für die Bergung von 500 Elektro-Tretrollern des Unternehmens. Laut GPS-Daten liegen die Scooter im Bereich der Hohenzollernbrücke in der Kölner Innenstadt. Randalierer hätten sie dort in den Rhein geworfen.

In Köln überall E-Scooter auf dem Grund des Rheins

Bau-Taucher Hambüchen, der in Köln ein entsprechendes Spezialunternehmen leitet, sagte dem Scooter-Verleiher seine Hilfe zu. „Ich fand es gut, dass sich endlich jemand um das Problem mit den Elektro-Rollern im Rhein kümmert“, sagte Hambüchen dem WDR. „Wir finden an jeder Stelle, an der wir auf dem Grund des Rheins arbeiten, solche Scooter. Bevor wir mit der Arbeit an Kaimauern oder Brückenpfeilern beginnen können, müssen wir erstmal den Schrott zur Seite räumen. Ich rede nicht von zehn oder 20 Rollern, sondern von Hunderten, die im Rhein liegen.“

Professionelle Reinigungsaktionen gibt es bisher nicht – dafür versuchen Freiwillige ihr Bestes.

Chemikalien laufen aus Akkus aus

Taucher Hambüchen und sein Team stört nicht nur der Schrott: „Wir stellen fest, dass einige dieser Roller eine klebrige Masse absondern. Offenbar werden bei den Fahrzeugen im Rhein die Akku-Ummantelungen undicht und dann treten Chemikalien aus den Akkus aus.“ Unternehmer Hambüchen addierte also die Kosten für die Bergung im Bereich der Brücke. Als der Scooterverleiher allerdings die Summe sah, habe er abgewunken, zu teuer.

„Im Ergebnis sagte der zuständige Mann, bei den Kosten lohne es nicht, die Scooter aus dem Rhein zu holen. Die sollen bleiben, wo sie sind“, berichtet Hambüchen dem WDR.

Umweltschützer fordern sofortige Bergung der Scooter

Der Wasserexperte vom Bund für Umwelt– und Naturschutz Deutschland in NRW, Paul Kröfges, hält das Verhalten des Scooter-Verleihers für skandalös. „Da liegen allein in Köln Hunderte dieser Fahrzeuge im Rhein, giftige und gefährliche Stoffe werden frei und die Eigentümer wollen ihren Schrott im Rhein lassen. Das dürfen die zuständigen Umweltbehörden nicht hinnehmen. Der Rhein ist Trinkwasser-Lieferant für etwa 30 Millionen Menschen in Europa“. Kröfges fordert, dass die Verleiher ihre Scooter unverzüglich bergen müssen.

Verleiher: Private Müllsammler bergen die Scooter

Der betroffene E-Scooter-Verleiher hat Fragen des WDR zu den 500 E-Scootern unterhalb der Hohenzollernbrücke bisher nicht beantwortet. Das Unternehmen beteuert, dass alle Scooter, die in Reichweite seien, aus dem Wasser geholt würden. Allerdings sei der Rhein tief und die Strömung stark. Deshalb sei es schwierig alle Scooter zu bergen.

Das Unternehmen unterstütze aber den Verein K.R.A.K.E. Der kümmere sich ja um die Bergung von E-Scootern. K.R.A.K.E-Gründer Christian Stock wundert sich über die Aussage des Unternehmens. „Wir haben aber überhaupt nicht die Technik und auch nicht die Fähigkeit, solche Fahrzeuge aus dem Strom zu bergen. Das ist falsch, was da behauptet wird“, berichtet Stock dem WDR.

Verleiher hängen sich grünes Mäntelchen um

Nachdem der WDR den fünf größten Verleihern von E-Scootern einen Fragenkatalog zu Elektro-Tretrollern im Rhein geschickt hat, bekam K.R.A.K.E-Gründer Christian Stock Mails von mehreren Anbietern, die seinen Verein unterstützen wollen. „Da geht es offenbar darum, sich mit unserer Hilfe ein grünes Mäntelchen umzuhängen“, sagt Stock.   

Ein E-Scooter wird bei einer kleineren Bergungsaktion von Freiwilligen geborgen

Einige der Unternehmen versuchen unterdessen, das Problem mit den Scootern im Rhein kleinzureden. In einer Stellungnahme schreibt das Unternehmen Tier, dass es „nur sehr selten vorkommt, dass einer unserer Scooter in den Rhein oder andere Gewässer geworfen wird und wir ihn eben nicht direkt bergen können“.

Die Frage des WDR, wie viele Scooter von Tier im Rhein liegen, hat das Unternehmen nicht beantwortet. Auch die anderen vier befragten Unternehmen machen dazu keine Angaben.

Bergung im Rhein nur mit großem Aufwand möglich

Das Unternehmen Tier bestreitet, dass eine unmittelbare Gefahr für das Wasser des Rheins bestehe. Die Akkus seien „abgedichtet“. Auch VOI betont, dass die Akkus sicher seien.

Tier räumt aber ein, dass Korrosion das Metall anfressen könne, wenn die Fahrzeuge sehr lange im Wasser liegen.  „Deswegen versuchen wir immer, jeden Scooter zeitnah zu bergen“, schreibt Tier.

Von größeren Bergungsaktionen im Rhein ist allerdings weder dem K.R.A.K.E-Gründer Christian Stöcker etwas bekannt noch dem Tauch-Unternehmen Hambüchen. „Die Bergung im Strom ist sehr aufwändig. Dazu wird ein Baggerschiff benötigt, von dem ein tonnenschweres Schutzschild in den Rhein gehängt wird. Nur hinter einen solchen Schutzschild können Bergungs-Taucher arbeiten. So eine Aktion wäre im Rhein aufgefallen.“

Während die Scooter-Verleiher Lime und Tier behaupten, mit der K.R.A.K.E bei der Bergung ihrer Fahrzeuge zusammenzuarbeiten, will VOI mit eigenen Leuten Scooter aus dem Wasser holen.

Verleiher Bird beauftragt jetzt Bergungs-Unternehmen

Der Verleiher Bird dagegen hat jetzt angekündigt, so rasch wie möglich eine Fachfirma mit der Bergung im Rhein zu beauftragen.

Um zu verhindern, dass weitere E-Scooter im Rhein landen, haben VOI und Bird für ihre Fahrzeuge Parkverbote am Rheinufer und auf den Brücken verhängt. Kunden können ihre Fahrten nicht mehr in der Nähe des Rheins beenden.  

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