Kommission lässt Machbarkeit prüfen

Kommt das Vermögensregister? EU will uns bis zum letzten Cent durchleuchten

23.08.2021
Lesedauer: 4 Minuten
Die EU-Kommission will eine Machbarkeitsstudie für ein Europäisches Vermögensregister in Auftrag geben. Michael Kappeler/dpa

Die EU will prüfen lassen, ob sich ein europäisches Vermögensregister einrichten lässt. Erklärtes Ziel dabei ist die Bekämpfung von Geldwäsche und Steuerhinterziehung. Doch das Projekt hat politische Sprengkraft. Kommt das Register so, wie sich das die EU vorstellt, wäre dies ein weiterer Schritt auf dem Weg zum gläsernen Bürger.

Die Europäische Kommission unter Ursula von der Leyen geht ambitionierten Schrittes voran: Die Kommission möchte nicht nur die EU mit dem Green Deal bis 2050 klimaneutral machen, sondern sie möchte auch die Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Geldwäsche weiter verbessern.

Dafür denkt die Kommission über ein europäisches Vermögensregister nach. Ob und in welchem Umfang so ein Register machbar wäre, will die EU jetzt im Rahmen einer Machbarkeitsstudie prüfen lassen.

Das soll das Vermögensregister der EU können

Um Geldwäsche und Steuerhinterziehung wirksam bekämpfen zu können, sollen im Rahmen der Machbarkeitsstudie „verschiedene Möglichkeiten für die Erhebung von Informationen zur Einrichtung eines Vermögensregisters geprüft werden“. Dafür soll durch die Studie untersucht werden, wie „die aus verschiedenen Quellen des Vermögenseigentums (z. B. Landregister, Unternehmensregister, Trust- und Stiftungsregister usw.) verfügbaren Informationen gesammelt und miteinander verknüpft werden können“.

Weiterhin sollen „der Entwurf, der Umfang und die Herausforderungen für ein solches Vermögensregister der Union analysiert werden.“ Bei der Zusammenführung von bestehenden Registern soll es dabei nicht bleiben. Die EU-Kommission wünscht sich von der Studie auch, dass auch eine etwaige Aufnahme von Vermögenswerten wie Kryptowährungen, Kunstwerke oder Gold im Register berücksichtigt wird. Die Ergebnisse könnten dann „anschließend in eine künftige politische Initiative einfließen“.

Um das bestmöglich zu erreichen, definiert die EU-Kommission im Ausschreibungstext vier zentrale Ziele, welche die Studie erfüllen muss:

  1. Allgemeine Quellenübersicht: Erstens soll eine Übersicht erstellen werden, welche die Informationsquellen zum Vermögenseigentum der jeweiligen Mitgliedsstaaten beinhaltet. Dabei sollen zum einen die nationalen Unterschiede zwischen den gesammelten Informationen und deren Formate, sowie die momentan nicht ermittelbaren Vermögensinformationen im Rahmen einer Lückenanalyse herausgearbeitet werden.
  2. Operative und IT-Herausforderungen: Zweitens ist im Rahmen der Studie zu bewerten, ob und wie die Datensammlung in einzelnen Datenbanken und deren Verknüpfung möglich wäre. Dazu sollen die operativen und IT-Herausforderungen ermittelt werden.
  3. Politische und rechtliche Umsetzbarkeit: Drittens soll analysiert werden, ob ein Europäisches Vermögensregister rechtlich durchführbar wäre. Desweiteren soll auch die Notwendigkeit eines EU-Registers und die gegebenfalls notwendige Einführung neuer, nationaler Register geprüft werden.
  4. Technische Umsetzung: Das vierte Ziel ist die Entwicklung von technischen Optionen, welche die Ausgestaltung des EU-Registers skizziert. Dabei sollen insbesondere effiziente Suchfunktionen für die jeweiligen Nutzer herausgearbeitet werden.

Auf dem Weg zum gläsernen Bürger?

Fraglich ist aber, ob das EU-Vermögensregister seinen Zweck wirklich erfüllen wird. Zwar wird es Kriminellen mit diesem Register erschwert, ihr Geld innerhalb der EU zu waschen, aber nicht außerhalb der EU. Weiterhin ist die Einführung einer 10.000 Euro Obergrenze für Bargeldtransaktionen in Planung. Für den einzelnen Bürger wird es immer schwerer, ohne staatliche Aufsicht Vermögenswerte zu kaufen oder zu veräußern.

Die Konsequenzen, sollte das Register wirklich kommen, liegen auf der Hand. So könnten es politisch unliebsame Bürger – darunter müssen nicht nur Kriminelle fallen – zukünftig deutlich schwerer haben, ihren Tätigkeiten nachzugehen. Das könnten beispielsweise Investigativjournalisten oder Whistleblower sein, denen dadurch zielgerichtetere Repressalien drohen.

Daneben träfe ein solches Register natürlich auch den normalen Bürger, der letztlich bis zum letzten Cent durchleuchtet wird. Dabei hätte der Staatenbund genügend andere, weniger flächendeckende Optionen, um etwa Steuerhinterziehung zu bekämpfen – wie etwa Steueroasen innerhalb der EU trockenzulegen.

Stattdessen will die Kommission offenbar lieber auf allumfassende Transparenz setzen. Das Spannungsverhältnis zwischen Freiheit und Sicherheit würde sich so noch ein Stück zugunsten der Sicherheit – und des gläsernen Bürgers – verschieben. Allerdings muss ebenso beachtet werden: Noch steht das Projekt ganz am Anfang – und die bloße Machbarkeit eines solchen Registers muss nicht heißen, dass es letztlich auch umgesetzt wird.

Derartige, nur auf den ersten Blick beunruhigende Studienaufträge sind auch nicht unbedingt ungewöhnlich. So beauftragte beispielsweise der Bundestag im vergangenen Jahr eine Studie zur „Welt ohne Bargeld“. Allein der Titel verursachte damals viel Aufregung. Später stellte sich heraus, dass die Studie eine befürchteten Bargeldabschaffung gar nicht befürwortete und ohnehin keinen bindenden Charakter für die politischen Entscheider hatte.

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