Die Zahlungsstellen der Länder fordern von Soloselbstständigen und Kleinunternehmern Geld zurück – laut Bundesfinanzministerium rund ein Zehntel aller ausgezahlten Soforthilfen.
Schon die E-Mail-Adresse verheißt nichts Gutes. Die Investitionsbank Berlin (IBB) informiert mit dem Absender corona-belehrungen@ibb.de alle Unternehmer der Stadt, die in den vergangenen zwölf Monaten Corona-Hilfen erhielten: dass es womöglich mehr Geld gab, als ihnen zusteht.
„Wir bitten Sie, die von Ihnen verbrauchten Mittel mit Ihrem tatsächlichen Bedarf abzugleichen“, heißt es in dem Schreiben – verbunden mit der Erinnerung, dass man bei der Beantragung nur eine Schätzung des Liquiditätsbedarfs für die nächsten Monate abgegeben habe.
Wer doch besser durch die Krise kam als befürchtet, solle die zu viel gezahlten Hilfen auf das Konto der IBB zurücküberweisen. Auch eine Kontonummer, der Verwendungszweck „(Teil)Rückzahlung“ sowie die Belehrung, dass „entscheidungserhebliche Falschangaben im Rahmen Ihres Antrags auf den Corona-Zuschuss mehrere Straftatbestände erfüllen“, werden in dem Schreiben genannt. Zudem wird daran erinnert, dass die erhaltene Soforthilfe im Rahmen der Steuererklärung 2020 als Einnahme anzusetzen ist – eine automatische Mitteilung der Hilfen von Amts wegen an die Finanzbehörden sei möglich, heißt es weiter.
Diese Form der nachträglichen Kontrolle mit sanftem Druck funktioniert offenbar nicht nur in Berlin gut, wie aktuelle Zahlen des Bundeswirtschaftsministeriums zu den ersten Hilfen zeigen, die überhaupt geflossen sind: den Soforthilfen aus dem Frühjahr 2020. Demnach kam bundesweit bis heute annähernd jeder zehnte Zuschuss-Euro von Soloselbstständigen und Kleinunternehmern zurück.
Das Ministerium teilte WELT AM SONNTAG mit, dass es bislang 113.142 freiwillige Rückzahlungen in Höhe von 801,7 Millionen Euro gab, die über die Bewilligungsstellen der Länder in den Bundeshaushalt zurückgeflossen sind. Zudem hätten die Länder 44.186 Rückzahlungen aufgrund von Rückforderungen in Höhe von 291,4 Millionen Euro „erwirken“ können.
Das macht zusammen 1,1 Milliarden Euro, die von 157.000 Betrieben zurückgezahlt wurden. Ursprünglich ausgezahlt hatte der Bund über die Länder Soforthilfen in Höhe von rund 13,7 Milliarden Euro an 1,8 Millionen Adressen. Die Zahlen können noch steigen. Die Schlussberichte der Länder über die bestimmungsgemäße Verwendung der Corona-Soforthilfen sind dem Ministerium zufolge bis zum 31. Dezember 2021 vorzulegen.