Wirecard-Untersuchungsausschuss

Der Zeuge Scholz

22.04.2021
Lesedauer: 3 Minuten
Quelle: tagesschau.de

Die Wirecard-Insolvenz hat Banken und Anleger mehr als 20 Milliarden Euro gekostet. Wer trägt die politische Verantwortung? Die Antworten variieren je nach Parteibuch. Heute sagt Finanzminister Scholz aus.

Nach außen war Wirecard ein Vorzeigeunternehmen: Ein Zahlungsdienstleister mit fantastischem Entwicklungspotenzial, ein Shooting-Star im Börsenindex DAX.

Nach innen sah es weniger glänzend aus: Da gab es Geldflüsse auf dubiose Treuhandkonten, frisierte Bilanzen und ein Heer von teuren Lobbyisten, das die Politik bei Laune halten sollten – bis zum Juni vergangenen Jahres, als der Milliardenschwindel aufflog und Wirecard Insolvenz anmeldete. Die Staatsanwaltschaft München ermittelt gegen den früheren Konzernvorstand wegen bandenmäßigen Betrugs, Geldwäsche und weiterer Delikte.

Wer ist verantwortlich?

Und was war mit den Aufsichtsbehörden? Hätten sie die kriminellen Wirecard-Praktiken nicht früher bemerken müssen? Das wollen die Abgeordneten im Untersuchungsausschuss wissen – aber die Stoßrichtung ist nicht ganz unabhängig vom Parteibuch.

„Wenn wir zu Beginn dieses Untersuchungsausschusses von einem Wirtschaftsskandal gesprochen haben, dann können wir jetzt mit Fug und Recht auch von einem Wirtschaftsprüfungsskandal sprechen“, sagt Jens Zimmermann, Obmann der SPD im Ausschuss.

Er sieht eine erhebliche Verantwortung bei den Bilanzprüfern des Unternehmens EY. Die testierten dem Unternehmen offenbar jahrelang falsche Geschäftszahlen. Die Aufsichtsbehörde für Bilanzprüfung ist dem Bundeswirtschaftsminister unterstellt. Und das ist Peter Altmaier von der CDU.

„Das war handwerklich schlecht“

Matthias Hauer, Obmann der Union im Ausschuss, sieht andere Ursachen. Zum einen macht er eine Inkompetenz von Behörden aus. Die Geldwäsche-Aufsicht über Wirecard lag bei der Bezirksregierung von Niederbayern. Er betont: „Auf Bezirksregierungsebene werden Immobilienmakler oder Autohändler beaufsichtigt.“ Aber eben kein DAX-Konzern mit 58 Tochterunternehmen, so Hauer.

Noch brisanter war für ihn aber das Leerverkaufsverbot, das die Bankenaufsicht BaFin für Wirecard-Aktionäre aussprach. Leerverkäufe sind Deals mit Aktien, die man nur geliehen hat. Anleger konnten also nicht mehr auf sinkende Kurse spekulieren.

„Das war handwerklich schlecht. Es war inhaltlich falsch und es sendete vor allem das fatale Signal an den Markt: Bei Wirecard ist alles in Ordnung“, macht Hauer seinen Standpunkt deutlich.

Was wusste Olaf Scholz?

Bei Wirecard war aber nicht alles Ordnung. Zur Rolle der BaFin im Wirecard-Skandal muss deshalb heute erneut Olaf Scholz aussagen. Er ist der oberste Dienstherr der BaFin.

Merkel, zu Guttenberg und China

Für die Union ist der Bundesfinanzminister ohnehin der Hauptzeuge im Untersuchungsausschuss – wenn auch nicht der prominenteste: Für morgen ist die Kanzlerin geladen. Sie hatte bei ihrer China-Reise im Herbst 2019 für Wirecard getrommelt, obwohl der Vorwurf unsauberer Geschäftspraktiken längst in der Welt war.

SPD-Mann Jens Zimmermann interessiert vor allem jener Nachmittag der Kanzlerinnen-Reise. „Als Herr zu Guttenberg bei ihr zum Kaffee war und für Wirecard Werbung gemacht hat. Wir wissen heute: Wäre dieser Deal, den er dort einfädeln wollte, in China erfolgreich gewesen, wären das bis zu 2,8 Millionen Euro Gewinn für ihn gewesen.“

Doch wenig später versank Wirecard im eigenen Sumpf von Scheingewinnen und Schneeballgeschäften. Mit der Wirecard-Pleite, so schätzen Beobachter, haben Banken und Anleger mehr als 20 Milliarden Euro an Vermögen verloren.

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