Ansaar International stellt sich als humanitäres Hilfsprojekt dar. Nun hat das Bundesinnenministerium den Düsseldorfer Verein verboten – weil er Terrorgruppen wie die Hamas oder die Nusra-Front unterstütze.
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat den islamistischen Verein Ansaar International verboten. Seit den frühen Morgenstunden durchsuchen nach SPIEGEL-Informationen Beamte in zehn Bundesländern zahlreiche Wohnungen und Räume von Mitgliedern des 2012 in Düsseldorf gegründeten Vereins. Verboten werden gleichzeitig auch mehrere Teilorganisationen wie WorldWide Resistance-Help und Better World Appeal.
Nach eigenen Angaben unterstützt Ansaar International Projekte für hilfsbedürftige Muslime in Kriegs- und Krisengebieten und hat dafür Spendengelder in Millionenhöhe akquiriert. »Wir bauen dort, wo andere kaputt machen«, heißt es in einer Selbstdarstellung des Vereinsgründers. »Wir bauen Brunnen, Waisenhäuser, Krankenhäuser, Schulen und Moscheen.« Das Bundesinnenministerium hält das humanitäre Engagement von Ansaar International jedoch für vorgeschoben.
Spenden, die der Verein einsammle, dienten nach Überzeugung des Ministeriums in Wirklichkeit teils der Unterstützung terroristischer Organisationen. Laut Verbotsverfügung sollen Hilfsgelder direkt oder indirekt der islamistischen Hamas im Gazastreifen, der Nusra-Front in Syrien oder der somalischen Schabab-Miliz zugutekommen.
Die komplizierte Organisationsstruktur des Vereins und seiner Teilvereine wurde nach Ansicht von Seehofers Beamten eigens geschaffen, um die Zahlungen zu verschleiern. Gegenüber Spendern betreibe der Verein systematischen Betrug, indem er ihnen vorgaukele, ausschließlich karitativen Zwecken zu dienen, so der Vorwurf des Innenministeriums. »Wer den Terror bekämpfen will, muss seine Geldquellen austrocknen«, teilte Seehofer mit.
Der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz hat den Verein seit Jahren beobachtet und ihn als extremistisch-salafistisch eingestuft – eine Klage von Ansaar International gegen eine Nennung im Jahresbericht der Behörde scheiterte.
Bereits im April 2019 hatte es eine Razzia bei Ansaar International gegeben. Damals war ein vereinsrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet und zahlreiche Unterlagen beschlagnahmt worden. Zwei Jahre später sieht sich das Bundesinnenministerium bestätigt. Formal wird der Verein verboten, weil er sich unter anderem gegen den Gedanken der Völkerverständigung richte.
Gegen mehrere Mitglieder des Vereins läuft nach SPIEGEL-Informationen auch ein Ermittlungsverfahren beim Generalbundesanwalt wegen des Verdachts der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland. Der Verein bestreitet die Vorwürfe. Vor zwei Wochen durchsuchten Ermittler in Nordrhein-Westfalen zudem die Wohn- und Geschäftsräume eines Anwalts, über dessen Konto zeitweise offenbar Hunderttausende Euro an Spenden für Ansaar International abgewickelt wurden. Einen Teil der Gelder soll er sich in die eigene Tasche gesteckt haben.
Der Verein hatte sich in den vergangenen Monaten vehement gegen die Vorwürfe zu verteidigen versucht. Seit sieben Jahren werde Ansaar International zu Unrecht »von deutschen Behörden beobachtet und beschuldigt«, schrieb der Vereinsgründer. Mit Terrorgruppen wie der Hamas oder der inzwischen in einer anderen syrischen Miliz aufgegangene Nusra-Front habe man nichts zu tun. »Warum Ansaar verboten wird, ist für uns nicht nachvollziehbar«, teilte der Verein nach der Großrazzia vom Mittwoch mit. Man habe »zu keinem Zeitpunkt Extremisten oder Terroristen unterstützt«.
Zuletzt hatten die Islamisten zur Imagepflege sogar eine Agentur angeheuert, spezialisiert auf Krisen-PR. Sie dürfte nach dem Vereinsverbot keine einfache Aufgabe haben.