Fauler Zauber im Bundestag? Der SPD-Abgeordnete Uli Grötsch (45) stimmte am Freitagvormittag in Berlin für den Nachtragshaushalt. Seine Ja-Stimmkarte wurde laut Parlamentsverwaltung in die Urne eingeworfen.
Das Mysteriöse: Gleichzeitig saß Grötsch vor Augenzeugen in München im Presseclub. Wie kann er parallel an zwei Orten sein?
Bei namentlichen Abstimmungen legt die Bundestagsverwaltung drei Stimmkarten (Ja, Nein, Enthaltung), die auf den Namen des Abgeordneten ausgestellt sind, in sein für alle zugängliches Fach vor dem Plenarsaal. Der Politiker muss seine Karte persönlich einwerfen. Nimmt er nicht teil, muss er 100 Euro Strafe zahlen.
Auf BILD am Sonntag-Nachfrage sagt Grötsch: „Ich kann mir nicht erklären, dass meine Stimme mit Ja gezählt wurde.“ Er werde den Bundestagspräsidenten bitten, seine Stimme in „nicht abgegeben“ zu korrigieren. Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Kubicki (69, FDP) reicht das nicht: „Das Präsidium des Bundestags wird diesen Sachverhalt aufklären.“
Es gebe die Möglichkeit, dass die Verwaltung Stimmkarten vertauscht hat. Dafür müsste sich aber ein Abgeordneter melden, der nachweislich abgestimmt hat, aber als fehlend eingetragen wurde.
Ansonsten besteht laut Kubicki der Verdacht, dass ein anderer Politiker die Grötsch-Karte für ihn eingeworfen hat – um die 100 Euro Strafe zu sparen. Kubicki: „Das wäre ein gravierender Vorgang, der sanktioniert werden müsste.“ (pet/hel)