US-Moderator Tucker Carlson sorgte für ein skandalträchtiges Corona-Statement. Der Wirbel ist groß, die Parallelen zu Donald Trump vielzählig.
New York – Die USA haben sich vom Corona-Sorgenkind zum Vorreiter entwickelt. Nachdem das drittgrößte Land der Erde monatelang großes Leid durch Covid-19 erfahren und seit Pandemiebeginn mehr als eine halbe Million Corona-Tote zu beklagen hatte, ist die Lage momentan vergleichsweise entspannt. Die Impfkampagne schreitet voran und Lockerungen werden möglich. US-Moderator Tucker Carlson ist mit der aktuellen Situation unzufrieden – und tut dies in einem Fernsehstatement offen kund. Die Empörung ist groß.
USA: Fox-Moderator polarisiert mit Masken-Statement – „Es ist Kindesmissbrauch“
Carlson arbeitet für den der Republikanischen Partei nahe stehenden US-Sender Fox News, dem meistgesehenen Nachrichtenkanal der USA. In einer Sendung vom 27. April beschwerte sich Carlson nun über die Maskenpflicht und attackierte Menschen, die sich an das Gebot halten. „Es ist unsere Aufgabe, sie zurückzudrängen und die Gesellschaft wiederherzustellen, in die wir geboren wurden“, sagte der 51-Jährige in seiner Polit-ShowTucker Carlson Tonigh. Er forderte zudem, Kinder vom Tragen eines Mund- und Nasenschutzes zu befreien.
„Kinder dazu zu zwingen, draußen Masken zu tragen, sollte illegal sein“, meinte Carlson und forderte die Zuschauerschaft dazu auf, entsprechende Maßnahmen zu tätigen: „Ihre Reaktion, wenn Sie sehen, dass Kinder Masken tragen, während sie spielen, sollte nicht anders sein, als wenn Sie jemanden sehen, der ein Kind im Walmart (US-Einzelhandelskonzern, d. Red.) schlägt“. Sein Appell: „Rufen Sie sofort die Polizei an und kontaktieren Sie den Kinderschutzdienst. Rufen Sie so lange an, bis jemand eintrifft. Was Sie hier sehen, ist Missbrauch. Es ist Kindesmissbrauch und Sie sind moralisch verpflichtet, zu versuchen, ihn zu verhindern.“ Joe Biden hat inzwischen angekündigt, dass für Covid-19 Geimpfte keine Maskenpflicht im Freien mehr gilt.
Tucker Carlson is now telling his audience to harass people who wear face masks outside.
— Justin Baragona (@justinbaragona) April 27, 2021
If they see children wearing masks, Tucker says the response should be no different than when you see a kid being abused — "call the police immediately, contact child protective services" pic.twitter.com/4svVH0JY3s
Tucker Carlson: Shitstorm nach Masken-Appel – Sendung sehen mehrere Millionen Menschen
Die Aussagen des im populistischen und rechten Teil der USA beliebten Moderators sorgten für großen Wirbel. Auf Twitter etwa musste Carlson einen Shitstorm über sich ergehen lassen*. Gleichzeitig erhielt er Applaus aus dem Lager seiner Fans. Dieser kommt damit zu Teilen auch von Rechtsextremisten, Corona-Leugnern und Verschwörungsbewegungen. Carlson ist Mitglied der Republikanischen Partei. Nachdem er zu Beginn der Pandemie strengere Maßnahmen gefordert hatte, hat er seinen Kurs mittlerweile geändert und wirft der Regierung „Lügen“ vor.
Carlsons Sendung ist in den Vereinigten Staaten sehr beliebt. Im Sommer 2020 sahen die Show teils mehr als vier Millionen Menschen – keine andere US-Politsendung kommt auf einen größeren Marktanteil. Auch deshalb werden Carlsons Äußerungen kritisch gesehen. Denn der Moderator trägt aufgrund seiner Reichweite zumindest mit zum allgemeinen Diskurs und der Meinungsbildung seiner Zuschauerinnen und Zuschauer bei.

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Tucker Carlson: Fox-Moderator irritiert mit Verschwörungserzählungen
Es ist nicht das erste Mal, dass Carlson für Aufsehen sorgt. Erst Anfang April bediente er in seiner Sendung die bei Rechtsextremisten weit verbreitete Verschwörungserzählung des Großen Austauschs und attackierte die neue US-Regierung. Die Demokraten würden versuchen, „die aktuelle Wählerschaft mit neuen Menschen, mehr gehorsamen Wähler aus der Dritten Welt, zu ersetzen.“ Die Biden-Partei wolle die Bevölkerung austauschen um „euch“, gemeint war das Publikum von Fox News, „irrelevant“ zu machen.
Carlson ist für seine aggressive Rhetorik bekannt und beruft sich gerne auf das First Amendment – den ersten Zusatzartikel der Verfassung, der die Meinungsfreiheit regelt. Das Model Karen McDougal zog gegen Carlson vor Gericht, da er sie in einer seiner Shows beleidigt habe. Das Gericht – in Person einer von Donald Trump ernannten Richterin – wies die Anklage zurück und argumentierte mit dem First Amendment. Carlsons Behauptungen seien meinungs- und nicht faktenbasiert gewesen, hieß es. Zudem neige der Moderator zu Übertreibungen, was die Mehrheit der Zuschauer:innen erkennen würde.
„Der Kongress soll kein Gesetz erlassen, das eine Einrichtung einer Religion zum Gegenstand hat oder deren freie Ausübung beschränkt, oder eines, das Rede- und Pressefreiheit oder das Recht des Volkes, sich friedlich zu versammeln und an die Regierung eine Petition zur Abstellung von Missständen zu richten, einschränkt.“
1. Zusatz zur Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika
Tucker Carlson: Ist der Fox-Moderator „der neue Donald Trump“?
Fernab von Fox News und dessen Zielpublikum ist die Masken-Thematik für viele eine weitere Entgleisung eines polarisierenden TV-Moderators, der immer mehr Ähnlichkeiten zu einem bei Fox News bestens bekannten (Ex-)Politiker aufweist. Die US-Zeitschrift The Atlantik erkennt bei Carlson Parallelen zu Donald Trump: „Wie Trump, schafft es Carlson, entsetzliche Aussagen mit einem geraden Gesicht zu machen und dann darauf zu bestehen, dass er nur einen Scherz gemacht hat.“
Da es um den Ex-Präsident derzeit – auch wegen seiner Verbannung aus den sozialen Medien – ruhiger geworden ist, sei Carlson „das sichtbarste Gesicht der neuen konservativen Bewegung.“ CNN-Moderator Brian Stelter erkannte „Trumpismus ohne Trump“.
Tucker Carlson: „Wie Trump hat er beschlossen, dass Viralität seine eigene Anerkennung ist“
Die New York Times sieht in Carlson den „neuen Donald Trump“, der nun den Raum einnehme den der 45. US-Präsident hinterlassen hatte und es gleichzeitig meisterhaft versteht, mit seiner Rhetorik Teile der Bevölkerung für sich zu gewinnen. Hinzu komme, dass es Carlson perfektioniert habe, seine Agenda in den Nachrichten zu verbreiten. Sein Masken-Appell war Thema in etlichen Late-Night-Shows – auch von Fox-Konkurrent CNN. Ein Umstand, der Carlson gefallen wird, argumentiert die New York Times: „Wie Trump hat er beschlossen, dass Viralität seine eigene Anerkennung ist.“
Laut der Zeitung Politico geht es dem Mitglied der Republikanischen Partei allerdings auch um den Zwist mit dem politischen Gegner: „Er lebt, um Empörung von Demokraten zu erzeugen.“ Von dieser Empörung würde Carlson anschließend wieder profitierten. „Wie Trump vor ihm, macht Carlson die Tatsache, dass ihn bestimmte Leute hassen, nur bei anderen beliebt.“